"Gipfel der Arroganz": BP-Chef geht segeln

"Gipfel der Arroganz": BP-Chef geht segeln
Mit Fingerspitzengefühl hat BP nicht viel am Hut: Trotz der riesigen Ölkatastrophe geht BP-Chef Tony Hayward segeln. Beißender Spott für den Konzern und Hayward sind das Ergebnis.

Im Kampf gegen die Ölpest kann der britische Energiekonzern BP die Serie von Pleiten, Pech und Pannen nicht stoppen. Das Absaugen des ausströmenden Öls im Golf von Mexiko musste am Samstag fast für einen halben Tag unterbrochen werden. Der Tanker Discoverer Enterprise stellte vermutlich nach einem Blitzschlag seinen Betrieb verübergehend ein. Als die Panne passierte, segelte BP-Konzernchef Tony Hayward gerade auf seiner Yacht "Bob" vor der englischen Küste.

Für die Teilnahme an einer Regatta um die Isle of Wight im Ärmelkanal erntete er beißende Kritik. Der republikanische US-Senator Richard Shelby nannte das Verhalten Haywards den "Gipfel der Arroganz". Hayward solle mit seiner Yacht lieber im Ölpest-Gebiet sein und "saubermachen". Kritik kam auch von Greenpeace. Der BP-Chef "reibt Salz in die Wunden" der Menschen, die mit den Folgen der Katastrophe leben müssen, sagte Greenpeace-Berater Charlie Kronick am Sonntag.

Erster freier Tag seit neun Wochen

Das Weiße Haus in Washington kritisierte den Ausflug als "einen weiteren aus einer ganzen Reihe von PR-Ausrutschern und Fehlern". Der enge Vertraute von Präsident Barack Obama, Stabschef Rahm Emanuel, sagte dem US-Sender ABC: "Ich glaube, wir kommen alle zu dem Schluss, das Tony Hayward nicht vor einer Zweitkarriere als PR-Berater steht."

BP verteidigte seinen Chef. Haywards Ausflug sei sein erster freier Tag seit Beginn der Ölpest vor knapp neun Wochen gewesen, sagte ein BP-Sprecher. Hayward hatte nach Firmenangaben auch seinen Sohn mit an Bord, für den er zuletzt kaum Zeit hatte.

Auch wirtschaftlich wird es immer schwieriger für BP. Der US- Erdölkonzern Anadarko, Miteigentümer der gesunkenen Bohrinsel "Deepwater Horizon", geht auf Distanz zu seinem Partner und will Folgeschäden durch ausgelaufenes Öl nicht zahlen. Dafür komme nur der Energieproduzent auf, teilte der US-Konzern mit. BPs Maßnahmen und Krisenmanagement "verkörpern wahrscheinlich grobe Fahrlässigkeit oder vorsätzliches Missverhalten". Gemäß einer Klausel in einer gemeinsamen Vereinbarung müsse in solchen Fällen nur BP als Betreiber für Schäden haften. Die Briten wiesen dies zurück. Alle Kosten würden geteilt, auch die einer Ölpest.

BP braucht offenbar Milliardenkredite

Laut Medienberichten hat BP bei mehreren Banken Milliardenkredite angefragt, um die Folgekosten der Ölpest zu begleichen. Bislang hieß es, der Konzern sei finanziell stark genug. Die Ratingagenturen Fitch und Moody's stuften zuvor BPs Kreditwürdigkeit herab.

Unternehmensintern war der BP-Chef am Freitag aus der Schusslinie genommen worden. Das Tagesgeschäft im Kampf gegen die Ölpest wird nun von Bob Dudley übernommen, seit 2009 geschäftsführender Direktor des Ölkonzerns. Dies bedeute nicht, dass Hayward zurücktrete, betonte eine Unternehmenssprecherin. "Bis die akute Phase dieser Krise vorbei ist, bis das Leck geschlossen ist, ist Tony Hayward eindeutig zuständig für die Beantwortung dieser Krise."

Nach jüngsten Schätzungen fließen täglich 35.000 bis 60.000 Barrel (zwischen 5,5 und 9,5 Millionen Liter) Rohöl aus dem beschädigten Bohrloch in das Randmeer. Das Abpumpen von einem Teil des auslaufenden Öls erfolgt laut BP nun wieder planmäßig. Wie viel Öl aufgefangen wird, sagt BP nicht. Der Tanker kann täglich 18.000 Barrel auffangen.

dpa