Dass Deniz Yücel seit Februar in der Türkei in Haft sitzt, erfährt zugegebenermaßen auch in dieser Kolumne nicht mehr die eigentlich erforderliche Aufmerksamkeit. Insofern ist es erfreulich, dass die SZ sich auf ihrer Seite Drei (€) heute einem „der kniffligsten“ Fälle „in der Geschichte der deutschen Diplomatie“ widmet. Ein Thema des Textes ist der bei der #FreeDeniz-Bewegung zu beobachtende „Zusammenhalt weit über die Grenzen üblicher ideologisch-politischer Verortungen und Gegnerschaft hinweg“ (Mathias Döpfner vor acht Wochen). Darüber hat Tim Neshitov mit Welt-Chefredakteur Ulf Poschardt gesprochen.
„Mit der taz habe man eine Art ‚Redaktionsgemeinschaft’ in Sachen Deniz Yücel gegründet. Eine Kollegin, ein Kollege sei immer vor Ort in Istanbul, für alle Fälle. Man löse sich ab. ‚Wie Sie heute meinem rockigen Senkt-die-Steuern-Kommentar entnehmen können‘, sagt Poschardt, ‚haben wir ordnungspolitisch komplett konträre Positionen. Aber wenn es darum geht, Meinungsfreiheit zu verteidigen, marschieren wir zusammen.‘“
Dass beispielsweise beim „zweiten Solidaritätskorso“ Demonstranten „mit roten Fahnen (…) für einen Mitarbeiter dieses Hauses gejubelt“ haben, findet Poschardt „nach all den Kulturkämpfen, die es um dieses Haus gab“, bemerkenswert.
"Wissen Sie, wenn man der ganzen Geschichte etwas Positives abgewinnen mag: Wir erleben gerade eine gewisse Überwindung des Lagerdenkens. Dank Deniz“,
sagt Poschardt ebenfalls, und auch wenn das auf diesen Fall zutrifft, klingt es aus dem Munde eines notorischen Lagerdenkers doch recht bizarr.
In dem Text findet sich auch folgende Passage:
„Ulf Poschardt arbeitet in einem luftigen Eckbüro im 4. Stock des Springer-Hauses, mit Blick auf die große Springer-Baustelle: Da unten entsteht das neue Verlagsgebäude von Rem Koolhaas. Es schneit auf die Baustelle, die verrückten Apriltage. Poschardt trägt Nike-Schuhe zur Chino-Hose.“
Ha! Koolhaas! Verrückter April! Nike! Chino! So bringt man also auf journalismusschulbuchmäßige Weise einen Text über einen der kniffligsten Fälle in der Geschichte der deutschen Diplomatie zum Rocken.
Aber was für Socken trägt Poschardt eigentlich? Unterhaltsamer als Neshitov ist aber noch Poschi höchstselbst in seinem eigenen Blatt. In einer Jubelarie auf Emmanuel Macron versteht er es, auch noch seine Expertise in Sachen Individualverkehr unterzubringen:
"Mit ihm könnten die bequemlichkeitsverspeckten französischen Automobile wieder jene giftige Kompaktheit bekommen, wie sie die Renault Alpine, der R5 Turbo oder ein Peugeot 205 GTi hatten.“
[+++] Womit wir also bei der Berichterstattung über die Wahl in Frankreich wären. In dem Anti-Bequemlichkeitsverspeckungs-Text schreibt Poschardt übrigens auch:
„Sowohl Marine Le Pen als auch der Linksreaktionär Mélenchon fantasieren sich Utopien zurecht, die allesamt nur Wiederaufführungen untergegangener Vergangenheiten sind."
Formulierungen dieser Art sind Thema des medienkritisch instruktivsten Textes zur Wahl in Frankreich. Er ist bereits einige Tage alt bzw. vor der Wahl entstanden, und geschrieben hat ihn Tom Strohschneider, der Chefredakteur des Neuen Deutschland. Vor allem geht es um den Sound, den die dpa vorgegeben hat. Strohschneider zitiert folgendes Beispiel:
„Mit der Rechtspopulistin Marine Le Pen und dem Linksaußen-Politiker Jean-Luc Mélenchon stehen gleich zwei Europakritiker zur Wahl, deren Erfolg die EU in eine tiefe Krise stürzen dürfte.“
Und dieses:
„Falls extreme Kandidaten wie Le Pen oder Mélenchon in die Stichwahl gelangen sollten, könnte die Euro-Währung unter Druck kommen, lautet die Erwartung an den Finanzmärkten.“
Dieses Lied sangen dann bekanntlich nicht nur die dpa und Poschardt, in bestenfalls leicht abgewandelten Versionen sangen es auch viele andere, etwa die FAS und Phoenix (mit Dank an Dirk Liedtke für den Hinweis). Strohschneider bemerkt:
„In der Festlegung auf einen Europäismus, der nur den Status quo kennt und alle denkbare Änderung daran für antieuropäisch hält, friert jede politische Debatte ein. Es ist doch ein himmelweiter Unterschied, ob die gegenwärtige EU-Politik unter Fuchtel des deutschen Exportnationalismus und der Austeritätsideologie mit ihrer in Demokratien übergreifenden Bürokratie abgelehnt wird - oder europäische Integration überhaupt. Nicht nur linke Intellektuelle wie Didier Eribon haben kritisiert, dass Mélenchon hier ein Vorwurf gemacht wird, bei dem oft nicht einmal mehr mitgeteilt wird, was dessen europapolitische Forderungen denn konkret sind.“
In Sachen Kritik an der TV-Berichterstattung (siehe Altpapier von Montag und Dienstag) sei noch ein Text aus der taz nachgereicht. Peter Weissenburger schreibt:
„Zur US-Wahl feuerten beide öffentlich-rechtlichen Sender ein abend- und nachtfüllendes Programm ab. Zugegeben, die US-Wahl hatte vorweg weitaus mehr emotionalisiert (…) Ein stundenlanges On-air-Rumgewarte auf Ergebnisse wie bei der US-Wahl braucht selbstverständlich niemand. Aber für den wichtigsten Informationssender Deutschlands wäre es zumindest wünschenswert, dass die ZuschauerInnen live dabei sind, wenn die KandidatInnen ihre Erklärungen abgeben – und dass diese eingeordnet werden (…) Die Verantwortlichen bei der Programmdirektion von Das Erste, Chefredakteur Rainald Becker und Programmdirektor Volker Herres, gaben auf Anfrage keine Stellungnahme (...) ab."
Um beim Stichwort Wahlen und Fernsehen jetzt mal defätistisch zu werden: Kein Höhepunkt der Berichterstattung zur Bundestagswahl verspricht das „TV-Duell“ zu werden, dessen vierköpfiges Moderatorenteam am Dienstag bekannt gegeben wurde (siehe beispielsweise Tagesspiegel). Hat die ARD keinen besseren Journalisten aufzubieten als Sandra Maischberger? Hat niemand substanzielle Einwände dagegen vorbringen können, dass Claus „das totale Staatsversagen“ Strunz, eine Art Stellvertreter Udo Ulfkottes auf Erden, mitmischt? Philipp Walulis hat sich gerade mit Strunz befasst (Zusammenfassung bei meedia.de). Und ein Übermedien-Beitrag aus dem Januar über ihn ist ebenfalls erhellend.
[+++] Äußerst selten Gegenstand der Medienkritik ist die Berichterstattung über die Arbeitswelt, obwohl dieses Thema die meisten Medienrezipienten direkter betrifft als die vermeintlich ganz großen Themen. Eine Studie zur Berichterstattung zur Zukunft der Arbeit legt nun die Otto-Brenner-Stiftung vor (PDF). „360 Beiträge der Jahre 2014 und 2015 aus elf bekannten deutschen Printmedien“ sind Basis der Untersuchung. Was sich laut Hans-Jürgen Arlt, Martin Kempe und Sven Osterberg unter anderen sagen lässt:
„Die journalistischen Beiträge in den untersuchten Medien behandeln das Thema Arbeit der Zukunft in der Summe pluralistisch und facettenreich (…) Die journalistische Darstellung verbleibt gleichwohl im Rahmen der fest etablierten Sichtweisen, ohne eigene Impulse zu geben oder andere Ideen zu entwickeln. Was die anerkannten Akteure aus Wirtschaft und Politik sagen, sagt der Journalismus auch – nicht nur dort, wo er sie wiedergibt, sondern auch, wenn er selbst das Wort ergreift. Mit den Akzenten, die er setzt, den Warnungen, die er ausspricht, den Hoffnungen, die er weckt, bereichert der Journalismus die öffentliche Debatte nicht. Das ist zwar auch nicht seine primäre Aufgabe, trotzdem fällt diese Stromlinienförmigkeit bei einem so großen, komplexen, offenen Thema wie der zukünftigen Arbeit auf.“
„Völlig ausgeklammert in der massenmedialen Darstellung bleibt diese gesellschaftspolitische Problemstellung: Festgehalten wird die Gefahr, dass die digitalisierte Arbeit der Zukunft für immer mehr Menschen die zentrale Funktion von Arbeit als sozialem Integrationsfaktor Nummer eins nicht mehr erfüllen, also das nötige Einkommen, soziale Sicherheit, zwischenmenschliche Kontakte und individuelle Sinnstiftung nicht mehr gewährleisten kann. Niemand fragt auch nur danach, welche Alternativen es zur Arbeit als gesellschaftlichem Integrationsfaktor geben könnte und welchen normativen Anforderungen solche Alternativen genügen sollten.“
Man kann also durchaus sagen, dass ein signifikanter Teil der Medien eine der gesellschaftspolitisch zentralen Zukunftsfragen praktisch ignoriert.
[+++] Als zweiter, verglichen mit den OBS-Studie dann aber doch wieder eher kurzer Longread sei ein Essay Hannah Bethkes fürs FAZ-Feuilleton (Blendle-Link) empfohlen. Ausgangspunkt ihrer Überlegungen: „Das vermeintlich herrschaftsfreie Internet hat eine deliberative Demokratie hervorgebracht. Ist sie auch gut?“ Bethke schreibt dazu:
„Galt die Diskussion im Gefolge der Achtundsechziger noch als wirkungsvolles Instrument der politischen Kritik, so ist sie mittlerweile oft nur noch Ausdruck kenntnisloser Partizipation. Ob kompetent oder nicht: An der Frage der Machtverteilung – in diesem Fall einer erstrebten oder schon verwirklichten Demokratisierung – ändert das erst mal nichts. Und in der Tat spricht einiges dafür, dass die Bürger unabhängig von ihrem jeweiligen Kenntnisstand durch flächendeckende Meinungsäußerung mehr Einfluss auf den demokratischen Entscheidungsprozess haben. Durch die permanente Online-Präsenz verändert sich die Öffentlichkeit und mit ihr die Gestaltung der Demokratie (…) Ein regelrechter Überschuss an spontaner, oftmals unreflektierter und stark wertender Kommunikation, die teilweise in Hassbeiträgen auf sozialen Netzwerken und anderen Leserforen ihren Ort hat und generell zu einer Beliebigkeit und Entwertung von Inhalten führt, zeigt die tiefgreifenden Probleme, die diese Entwicklung mit sich bringt.“
Im Zusammenhang mit Qualität und Quote sollten, so Bethke, die Medien Folgendes im Blick haben:
„Das Internet führt zu einer noch nie dagewesenen Reichweite aller dort publizierten Beiträge. Die Versuchung, diese Reichweite und die damit verbundene öffentliche Aufmerksamkeit mit allen Mitteln aufrechtzuerhalten, ist ebenso groß wie die Gefahr, dass das auf Kosten der inhaltlichen Qualität geht. Mehr Klicks, mehr Likes, mehr Nutzerkommentare: Nur darauf kommt es noch an. Es handelt sich, mit anderen Worten, um die Orientierung an der Quote. Ist dieses Denken einer Kultur der Diskursivierung notwendig eingeschrieben? Bringt eine sich als deliberativ verstehende Demokratie eine quotenorientierte Medienkultur automatisch mit sich? Das Prinzip der vermeintlichen oder auch tatsächlichen basisdemokratischen Deliberation, die auf Masse statt auf Qualität zielt, ist in der Medienkultur jedenfalls schon fest etabliert. Fraglich ist, ob das den gesellschaftlichen Diskurs tatsächlich bereichert oder nicht vielmehr zur weiteren Boulevardisierung der Medien führt.
[+++] Katharina Riehl macht sich heute in der SZ Gedanken über die publizistischen Perspektiven des Focus, und zwar anlässlich eines „politischen Salons“, den das Blatt in seiner neuen Heimat Berlin gerade veranstaltet hat:
„Wer in den vergangenen Monaten Kontakt hatte zu Redakteuren, hörte immer wieder dieselbe Klage: dass man gar nicht mehr wisse, wofür der Focus stehe, dass man nicht mehr wisse, wo der Focus publizistisch eigentlich hinwolle. Soll das Blatt, wie früher, noch Nutzwertjournalismus bieten für, sagen wir, einen schwäbischen Mittelständler? Oder soll sich das Heft (…) an junge Großstädter richten, die sich den günstigsten Telefonanbieter halt im Internet suchen?“
Ich muss ja zugeben, dass diese Fragen für mich klingen wie aus einer weit entfernten Welt, denn ich bin mit Focus ungefähr so gut vertraut wie mit öffentlich-rechtlichen Volksmusik-Sendungen. Riehl schreibt weiter:
„Der Focus sei auf dem besten Wege, ein Hipster-Magazin zu werden, sagen manche Mitarbeiter, und das ist nicht als Lob gemeint. Der Focus solle sich doch lieber auf das beschränken, was er kann. Eine der erfolgloseren Ausgaben unter Robert Schneider war jene, die ’40 Menschen unter 40’ auf den Titel nahm. Andere in der Redaktion sehen es genau anders: Man könne den Focus eben nicht mehr machen wie im Jahr 1997, als die Heftklammern all die vielen Anzeigen nicht mehr zusammenhalten konnten. Man brauche eine jüngere Ansprache, Personalisierung, all das.“
Ulrike Simon ätzte übrigens neulich (siehe Altpapier):
“Vielleicht wäre es ehrlicher, Focus den finalen Todesschuss zu geben, anstatt Jahr für Jahr wahlweise das Konzept zu ändern, den Chefredakteur auszuwechseln, die Redaktion zu verkleinern und dabei jedes Mal so zu tun, als werde nun alles gut.“
Altpapierkorb
+++ Mit den drohenden Einschränkungen der Pressefreiheit für Journalisten, die im Sommer vom Confed Cup aus Russland berichten wollen, befassen sich u.a. Spiegel Online, Zeit Online, @mediasres und der Tagesspiegel.
+++ Letzterer erwähnt in dem Zusammenhang, dass Russland in der gerade von „Reporter ohne Grenzen“ vorgelegten neuen Rangliste der Pressefreiheit auf Platz 148 rangiere. Auf diese Liste geht wiederum die SZ ein: "'Besonders erschreckend ist, dass auch Demokratien immer stärker unabhängige Medien und Journalisten einschränken, statt die Pressefreiheit als Grundwert hochzuhalten"', sagt ROG-Vorstandssprecher Michael Rediske. So habe in den USA (Rang 43) die Verfolgung von Investigativjournalisten und Whistleblowern zugenommen; in Polen (Rang 54) die nationalkonservative Regierung das öffentliche Fernsehen unter ihre Kontrolle gebracht. Auch in Frankreich (Rang 39) seien Journalisten im Wahlkampf von Politikern verbal angegriffen worden.“ Siehe auch Berliner Morgenpost.
+++ Potenzieller Kandidat für einen Absturz auf eben dieser Liste in der nächsten Saison: Österreich. Hans Rauscher analysiert für den Standard, was es mit den Angriffen auf den ORF-Moderator Armin Wolf (siehe Altpapier von Dienstag) auf sich hat: „Im Hintergrund walten Kräfte, die an die Substanz der demokratischen Öffentlichkeit gehen. Einerseits wollen die Rechtspopulisten, von Donald Trump abwärts, kritische Medien zum Schweigen bringen. Die Rechtspopulisten sehen kritischen Journalismus als größtes Hindernis für ihre Machtübernahme. Und die traditionellen Parteien oder Teile von ihnen sind verzweifelt über ihren Zerbröselungsprozess und glauben, das aufhalten zu können, indem sie sich Medien kaufen und den öffentlich-rechtlichen Rundfunk unter Druck setzen. Das ist ganz altes, defensives Mediendenken.“
+++ Bei Telepolis kommentiert Marcus Klöckner „das Urteil“, das die „führenden Medien“ über den Syrien-Experten Michael Lüders (siehe zuletzt dieses Altpapier) gefällt haben: „Wer die Diskussion um Lüders verfolgt, muss wissen: Es geht nicht nur darum, dass ein Autor etwas Falsches gesagt oder in seinem Werk an einigen Stellen vielleicht unzureichend recherchiert hat (das passiert jedem Journalisten in seinem Berufsleben). Die Arbeit von Lüders berührt die öffentliche Deutung über einen Krieg, bei dem - manch einer mag das nicht für möglich halten - geostrategische Interessen im Vordergrund stehen. Die Perspektivierungen von Lüders stören bei etwas, worum es in Kriegen immer geht: den Aufbau und die Aufrechterhaltung von Feindbildern.“
+++ Ende Januar hat die Medienkorrespondenz die Einleitung des Buchs „Wer beherrscht die Medien? Die 50 größten Medien- und Wissenskonzerne der Welt“ (Rezension hier) publiziert, jetzt steht sie online. Die Autoren Lutz Hachmeister und Till Wäscher schreiben unter anderem: „Fast schon nostalgisch blickt man auf die alten Medienzaren des 19. und 20. Jahrhunderts, von Hearst bis Berlusconi, von Leo Kirch bis zu Axel Springer. Heute dominiert der Typus des futurologischen Investors à la Peter Thiel, von Zukunftstechnologie-Managern wie PayPal-Mitbegründer Elon Musk oder eines digitalen Chefevangelisten wie Ray Kurzweil bei Google.“ Ein Seitenhieb auf den Medienjournalismus fehlt auch nicht: „Hightech-Unternehmen können sich alte Medien als Propaganda-Instrumente oder Glamour-Spielzeuge leisten, tech journalism erscheint attraktiver als Medienjournalismus – die warenästhetische Präsentation des jeweils neuen iPhones oder der rätselhafte Erfolg von Snapchat erscheinen, auch mit Blick auf eine jüngeres Publikum, attraktiver als mühselige medienökonomische Analysen.“ Ach ja, Snapchat. Gilt aktuell ja mal wieder als die ganz heiße Scheiße.
+++ „Hamburgs Datenschutzbeauftragter Johannes Caspar hat einen weiteren Sieg gegen den Internetgiganten Facebook errungen. Das Verwaltungsgericht Hamburg hat in einem aktuellen Beschluss entschieden, dass das soziale Netzwerk die Daten von WhatsApp-Nutzern auch künftig nicht ohne deren Einverständnis verwenden darf“, schreibt das Hamburger Abendblatt (€) über einen im September im Altpapier ganz oben abgehandelten Rechtsstreit. In einem naturgemäß weniger lokalpatriotischen Sound weist Legal Tribune Online darauf hin, dass das Gericht auch entschieden habe, „Facebook müsse die bereits erhobenen Daten vorerst nicht löschen und eine Löschung entsprechend auch nicht dokumentieren“.
+++ Dass die „Leipziger Uni-Journalistik“ sich „in der Krise“ befinde bzw. besagte Uni „vorerst keine weiteren Journalisten ausbildet“ - darüber berichten die Leipziger Volkszeitung bzw. der Flurfunk Dresden.
+++ „Ein Dokumentarfilm ist ja kein Spielfilm. Die Entstehungsreise ist ja eine ganz andere. Natürlich gibt es eine Vorstellung der Regie, die ist ja auch festgehalten in dem zugrundeliegenden Exposé oder Buch, aber die Wirklichkeit, die einen umgibt, hat ja auf den Dokumentarfilm einen ganz anderen Einfluss als auf szenische Arbeiten. Ob man nach einem Drehvorhaben arbeitet oder nach einem Drehbuch, ist ja ein großer Unterschied. Im Gegensatz zur szenischen Arbeit ist ja der Einfluss auf den Film und ganz konkret auf den Drehtag, durch alles, was einen so umgibt, viel, viel stärker. Den muss man wahrnehmen, um nicht an der Wirklichkeit vorbeizugehen.“ Dies sagt der Kameramann Johann Feindt bei kameramann.de über die Arbeit an der ZDF/3sat-Produktion "Cahier africain", die in der Kategorie "Bester Dokumentarfilm" beim Deutschen Filmpreis nominiert ist, der an diesem Freitag in Berlin verliehen wird. "Cahier africain“ ist ein weiteres Ergebnis eines Langzeitprojekts der Regisseurin Heidi Specogna. Der erste Film lief 2013 im Fernsehen.
+++ Viel Lob bekommt Andreas Ammers Hörspiel "Sie sprechen mit der Stasi“, zu hören heute bei WDR 3. Stefan Fischer (SZ) schreibt: „Die Erzählung besteht ausschließlich aus Originalaufnahmen aus dem Tonarchiv der Behörde des Bundesbeauftragten für Stasi-Unterlagen - dieses Archiv ist, anders als der Bestand der Papierakten, noch weitgehend unerforscht. Die Staatssicherheit hatte alle eingehenden Anrufe sowie Verhöre mit Verdächtigen aufgenommen. Schon der dokumentarische Wert des Hörspiels ist beträchtlich.“ Oliver Jungen in der FAZ dazu: „Die mal heitere, mal bedrohliche musikalische Einfassung ist mehr als stimmige Untermalung.“
+++ Wer den Abend danach weiterhin bei einem Hörspiel verbringen möchte, kann dann umschalten zu NDR Kultur, wo Arno Schmidts „Die Umsiedler“ läuft. Hintergrund: eine sog. Flüchtlingskrise, und zwar eine, die Schmidt erlebt hat. Oliver Sturm, der bei der Hörspielfassung des 1953 erschienenen Romans Regie geführt hat, findet es in diesem Zusammenhang bemerkenswert, "dass es (…) in Deutschland nach dem Krieg eine Flüchtlingskrise innerhalb der deutschen Bevölkerung gegeben hat, die ein viel größeres Ausmaß hatte, als das, was wir heute als Flüchtlingskrise bezeichnen. Es waren nämlich 14 Millionen auf der Flucht, die auch untergebracht und organisiert werden mussten. Und dass es innerhalb der Deutschen einen ausgesprochenen Rassismus gegeben hat, für den es gar keine Ausländer brauchte."
Neues Altpapier gibt es wieder am Donnerstag.