Bundesverfassungsgericht kritisiert Durchsuchung in Hochschule

Bundesverfassungsgericht kritisiert Durchsuchung in Hochschule

Karlsruhe (epd). Das Bundesverfassungsgericht hält die Durchsuchung von Räumen eines Universitätslehrstuhls nach strafrechtlich relevanten Unterlagen für bedenklich. Mit der Ablehnung der Beschwerde eines Professors der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen habe das Oberlandesgericht München „Gewicht und Reichweite der Forschungsfreiheit nicht angemessen berücksichtigt“, erklärten die Karlsruher Richter am Freitag (AZ: 1 BvR 2219/20). Die Verfassungsbeschwerde des Betroffenen wurde jedoch wegen einer Fristüberschreitung nicht angenommen.

Der Wissenschaftler leitete ein Forschungsprojekt zum Thema „Islamistische Radikalisierung im Justizvollzug“. Dazu wurden mehrere Strafgefangene interviewt, denen zuvor schriftlich Vertraulichkeit zugesagt wurde. Wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung gegen einen der Interviewten ließ das Oberlandesgericht (OLG) München die Lehrstuhlräume nach Tonbandaufnahmen und Aufzeichnungen der Interviews durchsuchen. Der Professor legte Beschwerde beim OLG ein. Das Gericht bestätigte aber die Rechtmäßigkeit von Durchsuchung und Beschlagnahme mit der Begründung, der Wissenschaftler habe kein Zeugnisverweigerungsrecht.

Das Verfassungsgericht ist dagegen der Auffassung, dass die Forschungsfreiheit die Vertraulichkeit von Daten im Rahmen wissenschaftlicher Forschungsprojekte umfasse. „Insbesondere aussagefähige sensible Daten können von den Betroffenen oftmals nur unter der Bedingung von Vertraulichkeit erhoben werden“, heißt es in der Mitteilung aus Karlsruhe. Wenn das OLG davon ausgehe, die Forschungsfreiheit sei in dem Erlangener Fall nur unerheblich beeinträchtigt worden, erfasse es die Auswirkungen auf das konkrete Forschungsprojekt und die Folgen für die Wissenschaftsfreiheit darüber hinaus nicht angemessen.