Papst am Holocaust-Mahnmal in der Slowakei: Hier schämen wir uns

Papst am Holocaust-Mahnmal in der Slowakei: Hier schämen wir uns
Mahnende Worte gegen Antisemitismus und zum Kampf gegen Korruption bestimmen den Papstbesuch in der Slowakei. Juden und Christen seien vereint in der Verurteilung jeglicher Gewalt, stellt Franziskus heraus.

Bratislava, Rom (epd). Papst Franziskus hat an die mehr als 100.000 während des Zweiten Weltkriegs ermordeten slowakischen Juden erinnert. Bei einem Besuch des Holocaust-Mahnmals in der Hauptstadt Bratislava sagte er am Montag: „Hier, angesichts der Geschichte des jüdischen Volkes, die von dieser tragischen und unsagbaren Schmähung gezeichnet wurde, schämen wir uns zuzugeben: Wie oft ist der unaussprechliche Name des Höchsten für unbeschreibliche Akte der Unmenschlichkeit benutzt worden!“

Auch heute fehle es nicht an leeren und falschen Götzen, warnte Franziskus angesichts von Manipulationen, die Religionen instrumentalisierten, indem sie sie zu einer Frage der Vorherrschaft machten. Unkenntnis scheine heute auch Wut und Hass zu rechtfertigen. Der Papst betonte, Juden und Christen seien vereint in der Verurteilung jeglicher Gewalt und jeder Form des Antisemitismus.

Das Gedenken dürfe nicht dem Vergessen weichen, denn es könne keine dauerhafte Geschwisterlichkeit geben, ohne die Dunkelheit der Nacht geteilt zu haben, sagte das katholische Kirchenoberhaupt bei dem Treffen mit Vertretern der jüdischen Gemeinschaft in Bratislava. „Eure Geschichte ist unsere Geschichte, eure Schmerzen sind unsere Schmerzen“, sagte er.

Im Anschluss an die Begegnung am Holocaust-Mahnmal standen Treffen mit dem Parlamentspräsidenten und dem Ministerpräsidenten auf dem Programm. Die slowakische Regierung hatte der Papst bereits zuvor zu einem verstärkten Kampf gegen Korruption aufgerufen. „Es ist notwendig, sich um den Aufbau einer Zukunft zu bemühen, in der die Gesetze auf alle gleichermaßen auf der Grundlage einer Gerechtigkeit angewendet werden, die niemals käuflich sein darf“, sagte er bei einer Zusammenkunft mit Vertretern der Regierung und aus der Zivilgesellschaft.

Im Zusammenhang mit dem Mord an dem slowakischen Journalisten Jan Kuciak und dessen Verlobter Martina Kusnirova 2018 hatten Enthüllungen über Verbindungen zwischen Politikern und der organisierten Kriminalität Proteste ausgelöst, die zu einer schweren politischen Krise führten. Kuciak hatte über Korruption, Missbrauch von EU-Geldern und Interessen der italienischen Mafia in der Slowakei recherchiert. Die seit 2020 amtierende Regierungskoalition trat mit dem Versprechen an, Korruption zu bekämpfen. Mehrere Selbstmorde von Inhaftierten schürten seither Spekulationen über Ermittlungsmethoden und Haftbedingungen.

Die katholische Kirche des Landes ermahnte der Papst bei einem anschließenden Treffen mit dem Klerus, auf die Bedürfnisse der Menschen von heute offen und kreativ einzugehen. Der Mittelpunkt der Kirche seien nicht die Kirche selbst oder übertriebene Sorge um die eigenen Strukturen. „Tauchen wir stattdessen in das wirkliche Leben der Menschen ein“, mahnte der Papst die katholischen Kirchenvertreter. Predigten dürften nicht bis zu 50 Minuten, sondern sollten maximal eine viertel Stunde dauern, sagte er vom Redemanuskript abweichend. Die Kirche müsse den Dialog mit allen Menschen suchen und „dem Abenteuer der Freiheit“ Raum geben.

Am Dienstag will Franziskus sich in Kosice im Osten des Landes in einer heruntergekommenen Trabantenstadt mit Vertretern der dortigen Roma treffen. Überdies stehen eine Begegnung mit Jugendlichen und eine Freiluftmesse auf dem Programm der bis Mittwoch dauernden Reise.