"Sie konnten damit das rechte wie linke Lager ansprechen und mussten sich für keine Linie entscheiden", sagte Hegelich. Das sei höchst problematisch. Denn es sei dann nicht mehr nachvollziehbar, für welche Inhalte die Kandidaten eigentlich stünden. "In den USA haben wir einen Wahlkampf gesehen, wie ihn sich die traditionellen Politikwissenschaften überhaupt nicht vorstellen können", sagte Hegelich, der in seiner Forschung Politikwissenschaften und Digitalisierung verbindet. Beide Kandidaten hätten vor allem Facebook perfekt genutzt, um geschickt und massiv Wahlkampf zu betreiben. Künftige Wahlkämpfe würden mehr und mehr von der Präsenz der Kandidaten in Sozialen Netzwerken geprägt sein.
Trump habe zum Beispiel ein Video retweetet, in dem Hillary Clinton 1996 von schwarzen Jugendlichen von "sehr gefährlichen Raubtieren" ("super-predators") gesprochen habe, sagte Hegelich. Weil die Reichweite optimal abgestimmt worden sei speziell auf die afroamerikanische Wählergruppe, habe es vor allem diese Wählergruppe erreicht. Trump selbst taucht in dem Video weder auf, noch geht es um seine politischen Inhalte. "Der einzige Zweck bestand darin, die schwarze Bevölkerungsgruppe zu demoralisieren und sie von der Wahl abzuhalten", sagte Hegelich. Traditionell wählen Afroamerikaner demokratisch - sie hätten also für Trumps Gegnerin, Clinton, gestimmt.
Um die Wahlberechtigten besser zu erreichen, seien Daten von 220 Millionen Wählern analysiert worden, sagte Hegelich. Einen hohen Prozentsatz der Daten habe das von Trump beauftragte Unternehmen Cambridge Analytica dabei aus sozialen Netzwerken gezogen.
In Deutschland sei ein solcher Wahlkampf nicht möglich, weil die Parteien bis dato nicht bereit seien, so viel Geld in die Datenanalyse zu stecken. "So etwas ist sehr teuer, da müssen Spezialisten angestellt werden, die die Modelle zur Datenanalyse erst entwickeln müssen." Soziale Netzwerke würden jedoch auch im deutschen Wahlkampf eine immer größere Rolle spielen, sagte Hegelich.