Reaktionen aus den Kirchen auf Trumps Wahlsieg

Foto: dpa/Shawn Thew
Der gewählte US-Präsdident Donald Trump und sein Vize-Präsident Mike Pence gratulieren sich in der Wahlnacht.
Reaktionen aus den Kirchen auf Trumps Wahlsieg
Der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump hat die US-Wahl gewonnen. Reaktionen auf einen Morgen, der Schockwellen auch über den Atlantik schickte.

Reaktionen aus der evangelischen Kirche in Deutschland

Die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist bestürzt über das Ergebnis der US-Präsidentenwahl. Zum Abschluss seiner Tagung in Magdeburg erklärte das Kirchenparlament in Magdeburg, der designierte Präsident Donald Trump habe nicht nur "mit Parolen der Angst, des Hasses und der Ausgrenzung ganzer Menschengruppen geworben". Er habe auch die Demokratie und ihre Regeln verhöhnt. Menschen in Sorge um ihre wirtschaftliche Existenz hätten Trump ihre Stimme gegeben, konstatierte die Synode mit großer Mehrheit. Die Wähler hätten damit ihrer Verunsicherung in einer freien Gesellschaft Ausdruck verliehen. Gleichwohl bekundete das Kirchenparlament seinen Respekt vor der demokratischen Willensbildung in den USA.

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, reagierte mit Fassungslosigkeit auf den Ausgang der US-Wahl. "Denn die Aussagen von Donald Trump im Wahlkampf waren so spalterisch und so abwertend gegenüber anderen Menschengruppen, dass man Sorge haben muss, wenn Donald Trump jetzt diese politische Macht hat", sagte Bedford-Strohm am Mittwoch am Rande der EKD-Synodentagung in Magdeburg. Der bayerische Landesbischof forderte zugleich auf, in die Zukunft zu schauen. "Die Zeit des Spaltens ist jetzt vorbei", sagte er: "Wir müssen mithelfen, dass die klaren Grundorientierungen, für die wir als Christen stehen, in die öffentliche Debatte hineinkommen." Er hoffe, dass die von Trump im Wahlkampf angeschlagenen Töne nicht dieselben seien wie künftig als Präsident. Nach Bedford-Strohms Auffassung kommt auf Deutschland und Europa künftig eine größere Verantwortung zu. In der Welt müsse stärker für die Schwachen eingestanden werden. Werte wie Nächstenliebe und Empathie müssten auch in die Politik hineinstrahlen. Er hoffe, dass "alles Schüren von Hass endlich ein Ende hat und auch die Politik in dieser Hinsicht zur Vernunft kommt". Der Theologieprofessor verwies darauf, dass er auch familiär stark Anteil an der Wahl in den Vereinigten Staaten genommen hat: Er ist mit einer US-Amerikanerin verheiratet und hat in den Vereinigten Staaten studiert. Auch seine drei Söhne haben einen amerikanischen Pass.

Synodenpräses Irmgard Schwaetzer: "Wir wissen, das neun von zehn Bürgern sich wünschen, dass die Europäische Union die Schwächeren stärker in den Blick nimmt. Wenn das kein Auftrag ist", sagte die evangelische Synodenpräses Irmgard Schwätzer. Sie sieht Christen durch den Wahlsieg Donald Trumps herausgefordert. Christen trügen Werte wie Barmherzigkeit und Mitgefühl in die Gesellschaft, sagte Schwaetzer am Mittwoch vor Beginn der abschließenden Beratungen der diesjährigen Tagung des EKD-Kirchenparlaments in Magdeburg. Erste Analysen des Wahlergebnisses hätten gezeigt, dass Trump vor allem Zustimmung von jenen bekommen habe, die sich in der amerikanischen Gesellschaft abgehängt fühlen.

"Ich fürchte, dass die rechtspopulistischen Strömungen und Parteien durch die USA-Wahl Aufwind bekommen und sich noch dreister ähnlicher Rhetorik bedienen", sagte der Friedensbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland, Renke Brahms, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Dies werde die "schweigende Mehrheit" ermutigen, populistische Parteien zu unterstützen. Die sozialen Spannungen könnten zunehmen und der innere Frieden brüchiger werden. "Dem müssen wir entschieden entgegenwirken", betonte der leitende Theologe der Bremischen Evangelischen Kirche. Die Wahl in den USA sei alles andere als ein Lehrstück für Demokratie, sagte Brahms. Sie schwäche vielmehr durch die Rhetorik und den offenen Rassismus demokratische Gepflogenheiten. Sie mache außerdem eine Entfremdung zwischen der Politik und Teilen der Bevölkerung deutlich, so Brahms.

Der evangelische Militärbischof Sigurd Rink wertet den Sieg Donald Trumps bei der US-Präsidentenwahl als "böses Erwachen". Er verstehe, dass die USA von Deutschland mehr internationale Verantwortung einfordern. Das dürfe aber nicht dazu führen, dass die Bundeswehr in weitere Einsätze geschickt wird, deren Verlauf und Ziele unkalkulierbar bleiben. "Die Bundeswehr bleibt eine Armee zum Erhalt des Friedens", sagte der oberste evangelische Seelsorger für die Soldaten der Bundeswehr. Mit Blick auf den Ausgang der US-Wahl sagte Rink, die politischen Entwicklungen in Polen, Ungarn, der Türkei, beim Brexit und jetzt in den USA gingen "in eine Richtung, die man sich nicht wünschen kann".

Geäußert hat sich am Mittwochmorgen auch EKD-Auslandsbischöfin Petra Bosse-Huber im Interview mit evangelisch.de. Diese Wahl werde die ganze Welt verändern, und zwar, so fürchtet Bosse-Huber, "in einer Richtung, die ich von Herzen nicht will". Menschen mit Migrationshintergrund würden rassisitischen Anwürfen ausgesetzt, Minderheiten würden beleidigt und Frauen "wieder zurück in ihre vermeintlich traditionelle Ecke gerückt". Die Kirchen in den USA stünden "für ein anderes Bild vom Menschen, für ein anderes Bild von Freiheit und Gerechtigkeit". Bosse-Huber glaubt, dass der Stand der Kichen in den USA nach dieser Wahl schwieriger wird. Als Christin glaube sie aber, "dass Menschen sich bekehren und dass selbst ein Donald Trump sich noch ändern kann".

Reaktionen aus den Landeskirchen

Kirsten Fehrs, Bischöfin der Nordkirche im Sprengel Hamburg und Lübeck zeigte sich bestürzt. In einem Beitrag für kirche-hamburg.de schreibt sie: "Der Schock über das Ergebnis der US-Präsidentschaftswahlen sitzt tief am heutigen Tag. Natürlich steht es uns als Deutschen nicht zu, die demokratische Wahlentscheidung eines freien Landes zu kritisieren." Es müsse aber erlaubt sein, Fragen zu stellen, so Fehrs weiter: "Kann jemand verantwortlich Politik betreiben, der zuvor in menschenverachtender Weise über Schwarze und Hispanics hergezogen ist, der Frauen beleidigte und sich über Behinderte lustig machte? Wie wird wohl ein Mann seine Macht nutzen, der im Wahlkampf fragte, warum eigentlich Amerika seine Atomwaffen nicht einsetze? Und schließlich: Kann ein Präsident glaubhaft für die Werte der westlichen Welt eintreten, der bewusst den Eindruck erweckt hat, dass ihm Werte wie soziale Gerechtigkeit und Religionsfreiheit gleichgültig sind?" Über diese Fragen spüre sie bei sich und vielen anderen Menschen Angst und Verunsicherung, so Fehrs, schließlich gewinne auch hierzulande der Populismus an Boden: "In der unübersichtlich gewordenen Welt, in der alte Grenzen und Gewissheiten schwinden, sehnen sich viele Menschen nach Klarheit und nach festen Werten. Ich bin zutiefst überzeugt, dass wir die Antworten auf diese Sehnsucht nicht den Populisten überlassen dürfen."

Der Berliner Bischof Markus Dröge hofft unter dem neuen US-Präsidenten auf eine Politik, "die dem Weltfrieden dient". Dröge erklärte, er habe mit Sorge beobachtet, wie Trump im Wahlkampf "polarisiert und die amerikanische Gesellschaft gespalten hat". Nun werde es "darauf ankommen, dass er als Präsident die freiheitlichen Werte und die politische Kultur der Vereinigten Staaten achtet und bewahrt".

Hessen-Nassaus Kirchenpräsident Volker Jung (Darmstadt) erklärte auf Facebook, mit der Wahl von Trump "verbinden sich für mich große Sorgen um den Weg der US-amerikanischen Politik". Wenn er das umsetze, was er angekündigt habe, dann gefährde es die soziale Orientierung der Gesellschaft.

In einem Interview zum Wahlergebnis in den USA zeigte sich der Bischof der Evangelischen Kirche Kurhessen-Waldeck, Martin Hein, heute völlig überrascht. Er frage sich, so Hein, wie Amerika einen Menschen wählen konnte, der so "auf Krawall gebürstet" sei. "Aber", so Hein weiter: "Amerika ist ein demokratisches Land und Europa und auch Deutschland werden sich mit ihm arrangieren müssen." Auch wenn vieles von dem, was Trump im Wahlkampf geäußert habe, nur "Wahlkampfgeschrei" gewesen sei, werde sich etwas ändern. Viele seiner Wähler hätten bewusst gegen das so genannte "Establishment" in Washington gestimmt. Dem müsse Trump nun Rechnung tragen. Hein: "Das wird sicherlich schmerzhaft." Angesichts des wachsenden Populismus sei es weltweit die Aufgabe der Kirchen, sich dem entgegenzustellen: "Wir müssen gegen alle Populisten, ob sie links oder rechts sind, deutlich auftreten. Populismus ist keine Form der Politik.“ Es gehe darum, zu versöhnen statt zu spalten, so Hein.

Spaltung herrscht auch in den amerikanischen Kirchen

Schon in der Nacht hatte der Pastor Deutschen Evangelischen Kirchengemeinde in Washington D.C., Olaf Waßmuth, per Mail auf den Wahlausgang reagiert. Es sei für ihn "unfassbar" und "beängstigend", dass aus den Reden Trumps nun offizielle amerikanische Politik werde. Trump habe "die Deportation von 11 Millionen Menschen angekündigt". Minderheiten sähen sich jetzt einem Präsidenten gegenüber, der von Vorurteilen und Ressentiments geprägt sei. Es werde "massiven zivilen Widerstand" gegen ihn geben müssen, schreibt Waßmuth. "Eine riesige Aufgabe kommt da insbesondere auf die Christen dieses Landes zu: Sich im Namen Jesu gegebenenfalls auch gegen die eigene Regierung zu stellen, wird sie womöglich einiges kosten." Der deutsche Pastor schätzt, dass es Trump nicht gelingen wird, die gespaltene amerikanische Gesellschaft zu einigen. Die Polarisierung werde eher noch zunehmen. "Amerika hätte dringend jemanden gebraucht, der versöhnt statt zu spalten", so Olaf Waßmuth. 

In den Kirchen in den USA hat der harte US-Präsidentschaftswahlkampf und der knappe Ausgang Risse hinterlassen. Zahlreiche Gemeinden kamen am Wahltag und am Tag danach zu besonderen Gottesdiensten zusammen, denn "der Geist der Spaltung" sei auch in die Kirchen eingedrungen, hieß es in einem Gebetsaufruf der Initiative "Election Day Communion". Rund 350 Gemeinden haben sich diesem "Wir sind eins in Christus, gleich, wie wir wählen" angeschlossen.

Die "First Congregational"-Kirche in Amherst in Massachusetts hält nach dem "spaltenden, demoralisierenden und geradezu hässlichen Wahlkampf" einen Gottesdienst für Versöhnung. Gemeindemitglieder hätten sich bereits vor der Wahl regelmäßig zum Gebet für die Nation getroffen, und "für Menschen, die andere Ansichten haben", sagte Pastorin Vicki Kemper einer Lokalzeitung. Episkopalbischöfin Mariann Edgar Budde lud am Dienstag zum Gebet in der Nationalkathedrale in Washington ein, um zu suchen, "was Christus tun würde". Der Wahlkampf habe Schaden angerichtet. Die "McLean Bibel"-Kirche in Virginia lege Schwergewicht auf Bibelstellen, denen zufolge Christen im Glauben eins seien, "trotz politischer Ansichten", sagte Pastorin Katie Morgan im Informationsdienst "Religion News Service" (RNS).

Der Informationsdienst "Baptist Global News" veröffentlichte am Dienstag tröstende Wahlkommentare mehrerer Pastoren. Gott sei größer als Politik, erklärte der Pastor der First Baptist Church in West in Texas, John Crowder. Man solle beten, wählen und Gott vertrauen.

Vatikan und russische Kirche hoffen auf Friedensbemühungen

Der Vatikan hat seine Hoffnung geäußert, dass sich der künftige US-Präsident Donald Trump für Frieden weltweit einsetzen wird. Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin gratulierte Vatikanangaben vom Mittwoch zufolge dem Gewinner der Präsidentschaftswahlen in den Vereinigten Staaten. "Zunächst nehmen wir mit Respekt den ausdrücklichen Willen des amerikanischen Volkes zur Kenntnis", sagte Parolin dem Sender Radio Vatikan zufolge. Angesichts verbreiteter Sorgen, Trump werde zu einer Verschärfung von Konflikten beitragen, betonte Parolin den Unterschied zwischen Wahlkampfäußerungen und der Übernahme von Regierungsverantwortung. In dieser Hinsicht habe der künftige US-Präsident sich bereits als Staatsmann geäußert, sagte der Kardinalstaatssekretär mit Blick auf Trumps versöhnliche Töne gegenüber der demokratischen Partei unmittelbar nach seinem Wahlsieg.

Auch die Russische Orthodoxe Kirche hofft nach Donald Trumps Wahlsieg auf eine Entspannung in den internationalen Beziehungen. Metropolit Hilarion, der Leiter des kirchlichen Außenamtes, sagte der russischen Nachrichtenagentur Interfax am Mittwoch in Moskau, es gebe keinen Anlass für Euphorie. Auch bleibe offen, ob Trump als US-Präsident seine Versprechen aus dem Wahlkampf umsetze und wie er an der Staatsspitze agieren werde: "Allerdings kommt mit seiner Wahl die Hoffnung auf, dass sich das gesamte System der internationalen Beziehungen verbessert und eine einheitliche weltweite Koalition gegen den Terrorismus entsteht."

Hillary Clinton habe die Wähler nicht überzeugen können, kommentierte Hilarion Trumps Sieg. Die Präsidentschaftswahl sei aber weniger eine Entscheidung zwischen zwei Persönlichkeiten gewesen als vielmehr eine Abstimmung über den künftigen Weg des Landes. Die US-amerikanische Bevölkerung habe sich für einen Wandel ausgesprochen. Für das kirchliche Außenamt sei der Ausgang vor allem wegen der Konsequenzen für den Nahen Osten von Bedeutung, erklärte Hilarion. Das Moskauer Patriarchat sieht Russland als Schutzmacht der christlichen Minderheiten in der Region und unterstützt das militärische Engagement der russischen Staatsführung in Syrien.