Köln (epd) Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan ist mit dem Versuch einer einstweiligen Verfügung gegen den Vorstandsvorsitzenden des Springer-Verlags, Mathias Döpfner, gescheitert. Das Landgericht Köln erklärte am Dienstag, ein entsprechender Antrag Erdogans werde zurückgewiesen. Zur Begründung verwies das Gericht auf die Meinungsfreiheit. Döpfner hatte sich in einem Artikel in der "Welt" auf die Seite des Satirikers Jan Böhmermann gestellt und erklärt, er schließe sich allen Formulierungen und Schmähungen Böhmermanns gegen den türkischen Präsidenten inhaltlich an.
Das Landgericht erklärte, die Äußerung Döpfners sei als Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung in einer kontroversen Debatte zulässig. Der Vorstandsvorsitzende von Axel Springer habe diese Äußerung erkennbar Böhmermann zugeschrieben und setze sich beispielhaft mit ihr auseinander. Er belege den türkischen Staatspräsidenten nicht selbst mit Schmähungen. Erdogan kann nun beim Oberlandesgericht Köln Beschwerde einlegen.
Böhmermann hatte in seiner bei ZDFneo ausgestrahlten Sendung "Neo Magazin Royale" am 31. März ein Gedicht mit Beschimpfungen Erdogans verlesen. Den Auftritt hatte der Moderator damit begründet, er wolle den Unterschied zwischen erlaubter Satire und auch in Deutschland verbotener Schmähkritik erklären. Erdogan verlangte daraufhin eine Verfolgung nach Paragraf 103 zusätzlich zu einem von ihm persönlich gestellten Strafantrag wegen Beleidigung nach Paragraf 185 des Strafgesetzbuches. Die Bundesregierung erteilte die notwendige Ermächtigung für Ermittlungen nach dem Paragrafen 103.
Erfolg mit Verfügung gegen Regisseur Boll
Die medienpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Tabea Rößner, erklärte, mit dem Vorgehen gegen Döpfner "wird die ganze Böhmermann-Erdogan-Affäre endgültig zur Farce". Jetzt räche sich, dass sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nicht rechtzeitig vor die Kunstfreiheit gestellt habe. "So lange die Kanzlerin dem türkischen Präsidenten nicht unmissverständlich klar macht, dass hier die Presse- und Meinungsfreiheit ein hohes Gut ist, wird Erdogan ihr weiter auf der Nase herumtanzen."
Mit einer einstweiligen Verfügung gegen den Regisseur Uwe Boll hatte Erdogan dagegen Erfolg. Das Landgericht Köln habe einem Antrag Erdogans stattgegeben, erklärte dessen Anwalt Ralf Höcker am Montag. Boll hatte in einem Video Erdogan beleidigt und ihm den Tod gewünscht. Das Landgericht Köln habe daher eine Persönlichkeitsrechtsverletzung zu Lasten des türkischen Präsidenten erkannt und Boll untersagt, die Äußerungen zu wiederholen.
Höcker sagte, Böhmermanns Gedicht habe Nachahmer und Trittbrettfahrer animiert. "Es ist wie bei einer Massenvergewaltigung: Wenn einer anfängt, kriechen alle aus den Löchern und machen mit", erklärte der Anwalt. "Wir müssen als Gesellschaft aufpassen, wenn der dünne Lack der Zivilisation blättert und kollektive Enthemmung losbricht." Erdogan sei ein Mensch und die Menschenwürde unantastbar. Sie stehe laut Grundgesetz über der Presse-, Kunst- und Meinungsfreiheit.