Bonn (epd) Bisher lägen in vielen Fällen keine Anhaltspunkte für ein illegales Verhalten vor, sagte der Bonner Rechtsanwalt Gernot Lehr dem Evangelischen Pressedienst (epd). Wer sich legal verhalte, habe grundsätzlich das Recht auf den Schutz der Privatsphäre. Nur bei besonderen Umständen lasse sich eine Veröffentlichung des Namens rechtfertigen.
Nach Berichten der "Süddeutschen Zeitung" und eines internationalen Redaktionskonsortiums, die die 11,5 Millionen Dokumente der geleakten "Panama Papers" gemeinsam auswerteten, fanden sich darin Hinweise auf zahlreiche Politiker wie etwa den isländischen Ministerpräsidenten Sigmundur David Gunnlaugsson, der am Dienstag seinen Rücktritt erklärt hat. Auch Prominente und Sportler wie Lionel Messi wurden genannt. Neben deutschen Banken sollen aus Deutschland ein Rennfahrer, ein Hühnereier-Produzent und ein ehemaliger Siemens-Vorstand Eigentümer von Briefkastenfirmen sein.
Besondere Sorgfalt geboten
"Jemand, der rein privat sein Vermögen in eine Briefkastenfirma steckt, hat Anspruch darauf, in Ruhe gelassen zu werden", betonte Lehr. Das gelte auch für Personen des öffentlichen Lebens, solange sich der Verdacht illegalen Verhaltens nicht auf einen Mindesttatbestand von Beweisen stützen lasse: "Was ein Schauspieler oder Sportler mit seinem privaten Vermögen macht, geht die Öffentlichkeit grundsätzlich nichts an." Die Nutzung einer Briefkastenfirma allein rechtfertige keine Namensnennung durch die Medien. Betroffene könnten sich juristisch in einem solchen Fall zur Wehr setzen. Wenn der Verdacht eines illegalen Verhaltens vorliege, müsse dieser offen dargestellt werden.
Lehr verwies darauf, dass es den "Marketingwert" eines Spitzensportlers zerstören könne, wenn sein Name im Zusammenhang mit dem Verdacht auf Steuerhinterziehung falle. Schon allein die Äußerung des Verdachts habe häufig "nicht mehr korrigierbare Folgen", sagte der Medienjurist. Deshalb sei besondere Sorgfalt geboten. Insbesondere müsse bei einer Verdachtsäußerung stets deutlich werden, dass sich der Betroffene auch legal verhalten haben könnte.
Der Jurist bezweifelt, dass Forderungen nach einem verbesserten Schutz für Whistleblower berechtigt sind. Der Quellenschutz sei durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte so stark ausgeprägt, dass eine Gesetzesänderung nicht notwendig sei. Die SPD-Generalsekretärin Katarina Barley hatte im Deutschlandfunk einen verbesserten Informantenschutz verlangt, um die Geheimhaltung bei Steuervergehen zu durchbrechen.