einen Online-Jugendkanal beauftragen
Frankfurt a.M., Bremen (epd)Wenn die Ministerpräsidenten bei ihrer Konferenz ab Mittwoch in Bremen tatsächlich ein Online-Jugendangebot von ARD und ZDF beauftragen, dann ziehen sie einen Schlussstrich unter eine quälend lange Debatte. Mehr als fünf Jahre lang war die Frage hoch umstritten, ob die beiden Sender einen eigenen Jugendkanal anbieten sollen - sowohl innerhalb von ARD und ZDF als auch in der Medienpolitik.
SWR-Intendant Peter Boudgoust war ein früher Befürworter eines solchen Projekts. Immer wieder ging er bei seinen ARD-Kollegen mit der Idee hausieren, konnte sich aber zunächst nicht durchsetzen. Groß war die Skepsis vor allem beim mächtigen WDR. Anfang 2011 sagte die damalige WDR-Intendantin Monika Piel: "Die Jugend ist so heterogen, sie interessiert sich für Angebote, die mit dem öffentlich-rechtlichen Profil kaum zusammenzubringen sind."
Entscheidung vertagt
Mehrere Medienpolitiker sahen das anders und forderten in der Folgezeit vehement einen öffentlich-rechtlichen Jugendkanal, einige Rundfunkräte der ARD schlossen sich an. Immer mehr Intendanten des Senderverbunds konnten dem Vorschlag nun etwas abgewinnen. Im November 2012 fällten die ARD-Chefs einen wegweisenden Beschluss: Die ARD unterstütze die Gründung eines gemeinsamen Jugendkanals mit dem ZDF, wurde offiziell mitgeteilt.
Das beflügelte SWR-Intendant Boudgoust offenbar derart, dass er im Anfang 2013 verkündete, der Kanal könne vielleicht noch im Laufe des Jahres starten. Das ZDF, das nicht so viel Leidenschaft für die Idee aufbringen konnte, bremste allerdings: Intendant Thomas Bellut warnte vor der finanziellen Belastung für seinen Sender.
Auf Bestellung der Länderchefs erarbeiteten ARD und ZDF ein Grobkonzept für einen crossmedialen Kanal. Demnach sollte das Jahresbudget bei 45 Millionen Euro liegen und zu zwei Dritteln von der ARD getragen werden. Im Gegenzug wollte die ARD die Digitalkanäle EinsPlus und EinsFestival und das ZDF den Spartensender ZDFkultur einstellen. Doch die Ministerpräsidenten vertagten im Oktober 2013 die Entscheidung über den Jugendkanal. Es müssten "noch offene Punkte geklärt werden", sagte die rheinland-pfälzische Regierungschefin Malu Dreyer (SPD). Das Internetportal "Spiegel Online" erklärte den Kanal daraufhin für "politisch tot".
Inhalte im "Content-Netzwerk"
Im Frühjahr 2014 waren die offenen Punkte immer noch nicht geklärt. Die Ministerpräsidenten verschoben die Entscheidung erneut und beauftragten ARD und ZDF mit der nochmaligen Überarbeitung des Konzepts. Im Oktober 2014 rangen sich die Länderchefs dann zu einer überraschenden Entscheidung durch: Der Kanal soll kommen, aber nur im Netz. Seitdem firmiert der Kanal als "gemeinsames Jugendangebot von ARD und ZDF im Internet". Im Gegenzug sollen EinsPlus und ZDFkultur eingestellt werden.
Im Mai 2015 wurde dann das detaillierte Konzept von ARD und ZDF für das Jugendangebot vorgestellt. Demnach soll der Kanal ein "Content-Netzwerk" werden. Die Inhalte sollen auf einem zentralen Portal gebündelt, aber auch auf Drittplattformen wie Facebook und YouTube verteilt werden. Zielgruppe sind Menschen zwischen 14 und 29 Jahren, Kern-Genres sind unter anderem Musik/Jugendkultur, Wissen/Service und Comedy/Unterhaltung - gerne präsentiert von Internet-Stars wie LeFloid, den der SWR jüngst für ein Gaming-Format unter Vertrag nahm.
Auf Basis des Konzepts erstellten die Länder einen ersten Entwurf für eine Änderung des Rundfunkstaatsvertrags. Dazu konnten sich in einem Konsultationsverfahren alle Interessierten äußern. Neben vielen positiven Bewertungen ging insbesondere von den Verlegerverbänden und den Privatrundfunk-Verbänden auch deutliche Kritik ein. Diese befürchten eine Wettbewerbsverzerrung durch das Online-Angebot.
Landesparlamente am Zug
In einem neuen Entwurf nahmen die Länder noch einmal Veränderungen vor. So soll die Nutzung anderer Plattformen zwar grundsätzlich erlaubt sein, allerdings muss sie "aus journalistisch-redaktionellen Gründen" geboten sein. Außerdem müssten ARD und ZDF "Sorge tragen", dass Werbung und Sponsoring zu ihren Beiträgen auf Drittplattformen möglichst nicht stattfinde. "Nicht auf das Jugendangebot bezogene presseähnliche Angebote" und ein eigenständiges Hörfunkprogramm sind im neuen Online-Kanal unzulässig.
Wenn sich die Ministerpräsidenten auf ihrer Konferenz in Bremen einig werden, müsste die Staatsvertragsnovelle anschließend noch von den Landesparlamenten ratifiziert werden. Der Start des neuen Kanals könnte nach den Planungen der ARD im Herbst 2016 erfolgen.