Christen haben grau zu sein!

Christen haben grau zu sein!
Foto: Rainer Albiez - Fotolia
Es ist manchmal wirklich erschütternd, worüber sich manche "Christen" aufregen können. Zum Beispiel über bunte Lampen.

Ach, was waren das noch für Zeiten, als Gott den Regenbogen gerade neu erfunden hatte! Ein Zeichen sollte er sein, dass Gott nie, nie mehr eine strafende Sintflut über die Erde schicken wollte. Der Regenbogen sollte auch Gott, genauso wie die Menschen, daran erinnern: Wir haben einen Bund geschlossen. Einen Bund zum Guten. Keine Strafe mehr, sondern Vertrauen und Geborgenheit.

Irgendwie scheint das bei manchen, die sich so „Christen“ nennen, nicht wirklich angekommen zu sein. In den USA – wo sonst – bekam nun eine Frau einen anonymen Drohbrief wegen ihrer geschmacklos-gottlosen Gartengestaltung. Man mag von der Deko halten, was man will – jedenfalls war sie in allen Farben des Regenbogens gehalten und damit nun aber in den Augen des Briefschreibers nicht etwa ein Zeichen des Bundes Gottes mit den Menschen, sondern, viel moderner, ein Symbol der ebenfalls regenbogenfarbenen Schwulenbewegung. „Relentlessly gay“ nannte der anonyme Schreiber/die anonyme Schreiberin die Gartendeko, „gnadenlos schwul“.

In einer christlichen Gegend, in der Kinder leben, gehe so etwas überhaupt nicht, so der Brief weiter. Sollte die farbige Deko nicht alsbald entfernt werden, würden sie die Polizei einschalten.

Mal ganz abgesehen davon, dass unter dem Hashtag #relentlesslygay nun Zehntausende Dollar für einen möglichst „schwulen“ Garten gesammelt wurden – was ich für eine durchaus angemessene Reaktion auf diesen unverschämten anonymen Brief halte – würde ich den Schreiber, die Schreiberin des Briefes gerne mal zur Seite nehmen und ihm oder ihr ein paar Worte sagen:

Was hast du da getan? Ist das, wie Christen untereinander oder auch mit Nichtchristen umgehen sollten? Wo bleibt bei dir die bedingungslose Liebe, mit der Jesus auf andere zugegangen ist?

Homosexualität ist für dich eine Sünde. Selbst, wenn sie das wirklich wäre, was ich nicht glaube: So gehen wir Christen nicht mal mit den schwersten Sündern um! Wenn überhaupt, dann wäre es angemessen gewesen, deine Nachbarin persönlich anzusprechen und ihr von deinen Sorgen zu erzählen.

Aber nun nochmal: Wovor fürchtest du dich eigentlich? Vor Farben, die unser Gott zu Noahs Zeiten selbst in den Himmel gesetzt hat? Du gehörst ja vermutlich zu denen, die die Geschichten der Bibel wörtlich nehmen. Du hast Angst vor Regenbogenfarben? Vor Lampen in allen Farben, die die Worte „Love“ und „Ohana“ (hawaiianisch für Familie) formen?  Das ist doch wohl ein bisschen lächerlich, oder? Damit tust du uns Christen wirklich keinen Gefallen. Das ist nicht, was Jesus von dir will, bestimmt nicht.

Welche Farben wären denn deiner Meinung nach geeignet? Vermutlich dann nur grau, oder wie? Wie traurig. Wie langweilig. Gott hat uns den Regenbogen geschenkt! Lass uns dieses Leben fröhlich genießen. Unseren Nachbarn mit Liebe begegnen. Die Erde bunt machen, liebevoll, gerecht, lebenswert. Aber ich fürchte, du willst lieber in deinem kleinen, grauen Loch versauern. Schade darum. Schade um dein Leben. Gott segne dich.

 

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