Es wird Zeit, sich an neue Namen zu gewöhnen. Und nein, damit meine ich nicht den Brexpitt Brexsplit Ex-Pitt das Eheaus von Brangelina, dazu ist einmal mehr mehr als genug geschrieben worden, und das einzige, das es da noch hinzuzufügen gibt, ist die Hoffnung, dass Jennifer Aniston zehn Jahre nach ihrer Trennung von Brad Pitt Besseres vorhat, als sich mit ihrem Ex-Mann zu beschäftigen.
Hier geht es um die Namen unserer gebührenfinanzierten, nationalen Hörfunkprogramme, die ihre Zusammengehörigkeit in Zukunft stärker widerspiegeln sollen, wie Joachim Huber für den Tagesspiegel herausgefunden hat. Der Plan (leicht grafisch aufbereitet, damit es nicht unübersichtlich wird):
Deutschlandfunk -> Deutschlandfunk
Deutschlandradio Kultur –> Deutschlandfunk Kultur
D-Radio Wissen -> Deutschlandfunk Nova
Warum ich glaube, es könnte unübersichtlich werden? Huber:
„Beim Deutschlandfunk in Köln könnte ein Abbau des Kulturanteils zugunsten des künftigen Deutschlandfunks Kultur in Berlin vorgenommen werden, beim Deutschlandradio Berlin geht die Rede von einem Abbau der Selbst- und Eigenständigkeit. Motto: Deutschlandfunk Kultur wird ein Anhäng[s]el des Deutschlandfunks, das Nebeneinander der Programme wird von einer Hierarchie der Wellen abgelöst. Bisher ist die DLR-Strategie auf gegenseitige Abgrenzung der drei Programme ausgerichtet.“
Sie kommen noch mit? Dann zünden wir die zweite Stufe:
„Den Programmdirektor motiviert offenbar die Erkenntnis, dass das Kulturradio weniger über Stammhörer verfügt, als dass Hörer des Deutschlandfunks zum Deutschlandradio Kultur wechseln, wenn es ihnen um diese Themenbereiche zu tun ist.“
Ganz recht, „auf dem Landsitz North Cothelstone Hall von Lord und Lady Hesketh-Fortescue befinden sich außer dem jüngsten Sohn Meredith auch die Cousinen Priscilla und Gwyneth Molesworth aus den benachbarten Ortschaften Middle Fritham und Nether Addlethorpe, ferner ein Onkel von Lady Hesketh-Fortescue, der 79jährige Jasper Fetherstone, dessen Besitz Thrumpton Castle zur Zeit an Lord Molesworth-Houghton, einem Vetter von Priscilla und Gwyneth Molesworth, vermietet ist.“ (Quelle)
Aber mit der Namensreform, also voraussichtlich 2017, wird sicher alles besser – zumindest für Leute, die gerne vor Kollegen prahlen, also sie hörten im Radio ausschließlich Deutschlandfunk, denn wenn jemand mit einer konkreten Programmnachfrage nachhakt, bleibt ihnen dann „Nein, beim anderen Deutschlandfunk“ als Ausrede.
Den Begriff „Nova“, um die Namensanalyse abzuschließen, übersetzt Huber mit Hilfe der Wikipedia als Helligkeitsausbruch. Wenn ich versprengte Reste meines Latinums richtig zusammenkratze, könnte er aber auch darauf hinweisen, dass im Sinne der Quote der dritte Sender für weiblich erklärt wurde, womit „Deutschlandfunk Nova“ einfach nur „neuer Deutschlandfunk“ hieße, was rein chronologisch ja richtig wäre. (Einen Abschlussgag über den Verein ProQuote, dessen Vorstand gerade angekündigt hat, sich voraussichtlich 2017 aufzulösen, wenn das Ziel – ein Drittel weibliches Führungspotential im Journalismus – sich erfüllt habe, erspare ich uns allen an dieser Stelle.)
Womit wir zu dem einzigen Namen kommen, den sie in Zukunft besser ignorieren sollten – zumindest, wenn sie im Bundestag oder bei einer Partei arbeiten. Denn der freundliche Heinrich Krammer mit der NATO-Mailadresse „@hq.nato.int“ ist voraussichtlich russischer Hacker und möchte nur ihre Daten abfischen, wie Deutschlands beliebtester Rechercheverbund aktuell herausgefunden hat (SZ/Tagesschau).
Immer wenn es um Hacker-Angriffe auf den Bundestag geht, muss ich daran denken, wie dort einst einen Nachmittag lang der E-Mail-Verkehr lahmgelegt wurde, weil Babette aus Versehen eine Mail an den gesamten Verteiler schickte und alle „an alle“ antworteten (#Kürschnergate, Sie erinnern sich). Aber seitdem hat sich in Sachen Medienkompetenz sicher einiges getan. Fingers crossed.
[+++] Damit zu Dietmar Nietan, SPD-Schatzmeister und Redner bei der gestrigen Jahres-Pressekonferenz der SPD-Medienholding DDVG. Dort verkündete er, von der dpa/Newsroom festgehalten:
„Es ist eine ernste Gefahr für das deutsche Gemeinwesen, wenn hochwertiger Journalismus an Boden verliert“. (...) Demokratische Willensbildung benötige einen starken, unabhängigen Journalismus. Es müsse das gesellschaftliche Bewusstsein wachsen, dass für guten Journalismus auch gut ausgebildete Journalisten erforderlich seien, die Zeit und Mittel für Recherchen zur Verfügung hätten.“
Wie man sich das bei der DDVG konkret vorstellt? Auch das wurde gestern bekannt, als Verdi Nord die Pläne der Lübecker Nachrichten und der Ostsee-Zeitung öffentlich machte, 30 Stellen abzubauen und 35 auszugliedern. Beide Zeitungen gehören zur Mediengruppe Madsack, an der die DDVG mit „rund 23,1 Prozent“ den größten Anteil hält.
Dabei ist es gerade mal ein Jahr her, dass Madsack ankündigte, ein Drittel der Lübecker Redakteure entlassen und die gemeinsame Mantel-Redaktion mit der Ostssee-Zeitung durch den Desk in Hannover ersetzen zu wollen. Und dabei ging es zumindest der Ostsee-Zeitung zuletzt wirtschaftlich gut, wie Verdi, DGB und DJV auf ihrer gemeinsamen Website www.qualitaet-und-vielfalt-sichern.de, die sich um die Zeitungslandschaft in Mecklenburg-Vorpommern sorgt, erläutern:
„Als Begründung muss erneut der Strukturwandel in den Medien herhalten, obwohl die Ostsee-Zeitung diesen – und das im eher strukturschwachen Nordosten – bislang gut gemeistert hat. Das belegen die Bilanzen der letzten Jahre. 2014 war der Gewinn des Blattes auf 7,3 Millionen Euro gestiegen. Unter diesen Umständen erstaunt es, warum es nun plötzlich keine Alternativen zu so tiefen Einschnitten geben soll. Beobachter mutmaßen, dass die Niedersachsen das Geld dringend benötigen, um die ausufernden Kosten ihrer Zentralisierungsstrategie ,Madsack 2018’ in den Griff zu bekommen.“
Allerdings, und das verschweigen die Gewerkschaften, brachen die Gewinne der DDVG 2015 ein, wie Gregory Lipinski bei Meedia am Rande seines Berichts über die Pressekonferenz erwähnt. Der Grund? Der Mindestlohn! Dieser wurde zwar politisch von der SPD gefordert, aber dass sie selbst durch ihn auf Gewinne verzichtet, ist natürlich keine Option. Oder, wie Nietan es im oben bereits zitierten dpa-Text formuliert:
„Investitionen in hochwertigen Journalismus müssten rentabel sein.“
SPD: Mehr Demokratie wagen – wenn es sich lohnt. Mit diesem Wahlspruch sollte die Bundestagswahl 2017 kein Problem mehr darstellen. Falls man sich bei der Partei mit dem Ziel arrangiert, die Fünf-Prozent-Hürde zu meistern.
Mecklenburg-Vorpommern, andererseits, ist übrigens das Bundesland, in dem die von manchen als nicht sonderlich demokratisch empfundene AfD unlängst ein Viertel aller Stimmen bei der Landtagswahl erhielt. Ein bisschen kritischer und unabhängiger Lokaljournalismus könnte dort nicht schaden, sollte man meinen. Aber was will man machen, wenn sich das finanziell nicht rechnet? Und wer wohnt schon auf Usedom? Niemand, der in Berlin und Hannover interessierte, offenbar.
Die Mitarbeiter der beiden Zeitungen sollen, wiederum laut Meedia, heute vom Verlag von den Sparplänen erfahren. Jetzt wissen sie es schon. Tut mir leid.
+++ Bevor das Bundesverwaltungsgericht heute entscheidet, ob die Bild-Zeitung von einer vermeintlichen Überwachung durch den BND in den 1970ern erfahren darf, verkündet sie selbst, dass einer ihrer Reporter bespitzelt worden sei. +++
+++ „Es gibt natürlich längst Männermagazine, aber nicht genug. Für alle, die den Verdacht hegen, dass es mehr Betätigungsfelder für Männer gibt als Grillen (,Beef’), Wichsen (,Playboy’), Pumpen (,Mens Health’) und Schwulsein (,Männer’), für all die geht gerade die Gendersonne im Kiosk auf mit dem ,ZEITmagazin Mann’, das ab jetzt zweimal jährlich erscheinen soll.“ (Margarete Stokowski in ihrer aktuellen Spiegel-Online-Kolumne.) +++
+++ Über die Österreichischen Medientage, auf denen schöne Zitate wie „Die Zeitung ist der ultimative Browser“ fielen, berichtet der Standard in ziemlich vielen Artikeln. +++
+++ Der Thüringer NPD-Landesvorsitzende möchte sich in einem Radio-Beitrag über ein Flüchtlingsheim nicht negativ erwähnt wissen und zieht vor Gericht. Die taz berichtet. +++
+++ Der BR produziert eine Snapchat-Soap. Den Trailer gibt es hier. +++
+++ Bei einem Pressegespräch, bei dem die Presse nicht sprach, stellte Sky gestern sein Programm für den neuen Möchtegern-Mainstream-Sender Sky 1 vor, der im November starten soll. Alexander Krei war für DWDL dabei. +++
+++ Twitter erlaubt mehr als 140 Zeichen? „So sehen die neuen Tweets aus“, zeigt Meedia, weltexklusiv. +++
+++ Wer gerne mehr über das schöne, neue Segment der Mindstyle-Magazine wissen möchte, liest dazu Nina Mays Artikel in der Hannoverschen Allgemeinen. +++
+++ Etwas tiefgründiger – ein mehrere Zeilen langes Karl-Jaspers-Zitat als Einstieg muss man sich erstmal trauen - geht es bei Übermedien zu, wo Ralf Hutter „Wachstum über Alles? Wie der Journalismus zum Sprachrohr der Ökonomen wurde“ vom Wirtschaftswoche-Redakteur Ferdinand Knauß bespricht. Zudem widmet sich Michalis Pantelouris diesmal dem Magazin Outdoor: „Wandern ist ja toll, und die Natur ist toll, und von toller Natur kann man tolle Fotos machen und so weiter. Warum hinterlässt ,Outdoor’ dann bei mir so ein leeres Gefühl?“ +++
+++ Die SZ feiert auf ihrer Medienseite heute den 80. Geburtstag von Jean „Ich habe da schon mal was vorbereitet“ Pütz. +++
+++ Die FAZ berichtet über die Arte-Übertragung von Peter Steins „Zauberflöte“ sowie die Verleihung der First-Steps-Awards. Zudem gibt es ein Wiedersehen mit der Haltung der Washington Post zu Edward Snowden und damit mit der Überschrift des gestrigen Altpapiers (war wohl zu naheliegend). +++
+++ Dass man im Darknet nicht nur Waffen bestellen kann, sondern dass dieses auch ein paar nützliche Tools für Journalisten bereit hält, erklärt Stefan May im Torial-Blog. +++
+++ Der aktuelle Text-Mäander Die aktuelle Kolumne von Paul-Josef Raue bei kress.de widmet sich dem Magazin Der Kontext. Kostprobe gefällig? „,Das "Kontext’-Problem ist das vieler Online-Projekte: Die Macher spielen, sind überwältigt von ihrer Kreativität und verliebt in ihre Werkzeuge und Möglichkeiten, von denen sie alle ausprobieren wollen; überwältigt von ihrem Spieltrieb vergessen sie, dass die meisten Leser wenig Zeit haben und wenig Geduld. So bleibt die Frage: Muss der Leser zum Lesen und Verstehen verführt werden? Endet mit dem Journalismus im Internet eine Ära, in der Dichter seit Jahrhunderten und Journalisten seit Jahrzehnten handeln nach dem Grundsatz: Je schwieriger das Thema, umso leichter der Stoff?“ +++
+++ Das gestern schon in der FAZ rezensierte (jetzt auch online) ARD-Drama „Bergfried“ über die SS-Vergangenheit eines Dorf-Opas ist jetzt auch ein Thema für den Tagesspiegel und die SZ – schließlich läuft es auch erst heute. Joachim Käppner (SZ): „So bereitwillig der Spielfilm die Motive vom Dorf der düsteren Geheimnisse aufnimmt, so sehr geht er doch seinen eigenen Weg; so bekannt Plot und Figuren zunächst zu sein scheinen, so intensiv wird die Geschichte plötzlich. Sie mag das Wegkippen ins Klischee nicht in jeder Szene erfolgreich vermeiden, die Handlung fährt aber niemals an den Baum.“ +++
+++ Die gute Nachricht zum Schluss: Manchmal gibt es bei Facebook auch herzerwärmende Kommentare. Festgestellt und festgehalten hat das Andreas Rickmann in seinem Blog. +++
Neues Altpapier gibt es am Donnerstag.