Eine Rede zur Taufe? Kein Problem!

Hände, die mit einem Stift auf Papier schreiben
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Die Feier nach der Taufe
Eine Rede halten oder eine kurze Ansprache - nach dem Gottesdienst oder auf der Feier, zur Begrüßung oder vor dem Essen vielleicht? Hier kommen die Profitipps, damit das gelingt.

Oft wirkt eine gewinnende Rede so einfach und leicht. Auch bei Taufen. "Genau", denkt man, "da hat jemand das Richtige in der passenden Tonlage gesagt. Den Nagel auf den Kopf getroffen!" Aber die scheinbare Leichtigkeit täuscht: bis zum Vortrag ist mancher Tropfen Schweiß in Recherche, Konzept und Wortwahl geflossen. Aber der Applaus und die dankbaren Gesichter von Verwandten und Freunden lassen den Aufwand allemal lohnend erscheinen. Ein paar Stichpunkte helfen dabei:

Anlassgerecht

Die Zukunft erscheint bei der Taufe als ein langer Weg. Deshalb sind ein paar Gedanken zu dessen möglichem Verlauf hilfreich. Andererseits sollte man seinem Kind/Patenkind (wenn es denn schon etwas verstehen kann) und der Festgemeinschaft aufgereihte Detailerlebnisse von früher ebenso ersparen wie spöttische Bemerkungen oder altpädagogische Hinweise. Für Paten gilt: wenn das Patenkind noch sehr klein ist, sind die Eltern die Erstangesprochenen. Ansonsten steht auf jeden Fall der Täufling ganz vorne in Ihrer Rede. Der sollte in jedem Fall direkt angesprochen werden. Es ist also eine "Du-Rede", keine "Es-Rede". Ihre Rede sollte eine Einladung zu einem zukünftigen Dialog sein, keine Gebrauchsanweisung fürs Leben. Der Anlass ist bedeutsam. Humor und Fröhlichkeit sind erwünscht, solange sie das Besondere der Zusammenkunft bestätigen.

Weniger ist mehr

Meist wird die Rede beim Essen gehalten. Aber auch in anderen Fällen, wo in der Küche nichts warm gestellt werden muss, gilt: Zehn Minuten sind zu viel. Der Täufling ist höchstwahrscheinlich entweder eingeschlafen oder zu aufgeregt, um sich Wesentliches merken zu können. Aber auch die Kürze kann man übertreiben. Zwei Minuten sind zu wenig. Vom Paten erwartet man mehr als nur einen lockeren Gruß. Sie haben sich durch die Annahme der Patenschaft für einen langen gemeinsamen Weg mit Ihrem Patenkind verpflichtet. Was haben Sie für Ideen zur Entwicklung von Bindung oder Verbundenheit? Da kommen schnell ein paar Minuten Redezeit zusammen. Ähnliches gilt natürlich auch für die Eltern.

Die Zukunft winkt

Highlights aus der bisherigen gemeinsamen Zeit mit dem Täufling (als Pate oder Patin auch mit einem oder beiden Elternteilen) herausgreifen? Bestimmt. Ein, zwei intensiv berichtete Erlebnisse machen immer Freude. Und sie belegen Ihre Verbundenheit. Aber der Fokus sollte auf der Zukunft liegen. Vielleicht bildet der Taufspruch eine gute Brücke dafür? Arbeiten Sie mit dem, was Sie über das Wesen des Täuflings wissen. Greifen Sie es auf, wägen Sie es ab. Nicht erzieherisch, sondern als Elternteil/Pate, der das Kind sanft an der Hand nimmt und ihm an Wegkreuzungen des Lebens die Richtungsentscheidung erleichtern möchte. Parallelen zur eigenen Kindheit können das Geschehen illustrieren. Sie sollten sie aber nicht als Ideallösung präsentieren.

Der Täufling im Fokus

Vor allem für Patinnen und Paten besonders wichtig: Meist wird man ja als enger Freund oder Freundin von einem Elternteil gebeten, die Patenschaft zu übernehmen. Da reizt es, ein paar Geschichten von früher zum Besten zu geben: "...da warst Du noch gar nicht auf der Welt, als dein Vater und ich..." Nein! Nein! Nein! Ihren Anekdotensack können Sie an anderer Stelle öffnen. Machen auch Sie in Ihrer Rede deutlich, dass Ihr Patenkind und sein weiterer Lebensweg an diesem Tag das Wichtigste sind. Für Eltern und Paten gilt: Ein paar Gedanken, was das eigentlich Christliche an diesem Lebensweg sein könnte, bilden ein gutes Teilthema. Das werden alle vernunftbegabten Gäste genauso sehen. Vielleicht bilden ja der Kindesname und seine Geschichte einen guten Startpunkt, um öffentlich über die weitere Entwicklung des Täuflings nachzusinnen. Und Ihren Anteil daran.

Planen und Üben

Sammeln und schreiben Sie alles auf, was Ihnen zum Täufling einfällt. Ihre Träume und guten Wünsche. Bringen Sie eigene Erlebnisse und Zukunftserwartungen in eine nachvollziehbare Struktur. Achten Sie auf die richtige Gewichtung. Formulieren Sie Ihre Aufzeichnungen wie eine Rede – nicht wie eine Schreibe (einen Text). Seien Sie großzügig: Beim gesprochenen Wort muss die Grammatik nicht immer perfekt sein. Lebendigkeit ist wichtiger. Üben Sie! Sprechen Sie sich die Rede zunächst selbst LAUT vor einem Spiegel vor. Schon dabei merken Sie, wo Ihnen der Atem ausgeht, Sie also einen Satz kürzen oder teilen sollten. Tragen Sie die Rede dann einer vertrauten Person vor. Bedenken Sie ihre Vorschläge. Ändern Sie Ihre Worte, wenn Sie überzeugt wurden. Fragen Sie nach, ob Sie gut zu verstehen sind und ob Ihre Körperhaltung passend wirkt. Lernen Sie das Ganze auswendig. Es ist der Mühe wert!

Spontanität und Vortrag

Notieren Sie Schlüsselpassagen auf Karteikärtchen (mindestens 16 pt-Schrift!). Sie wissen ja meist nicht, wie gut das Leselicht sein wird. Bitte nicht auf DIN A 4- Blätter schreiben. Sie flattern unruhig, verdecken womöglich Ihr Gesicht und vermitteln den Zuhörern Unsicherheit. Die kleinen Kärtchen sind viel unauffälliger. Sie sind Ihre Notfallhilfe, wenn die Aufregung Ihnen zu schaffen macht. Sprechen Sie möglichst frei. Und lassen Sie Ihren Blick über die Anwesenden schweifen. Alle wollen das Gefühl haben, angesprochen zu werden. Beim Blackout hilft der Blick auf die Stichwortkarte. Ihre freie Rede und Spontanität macht kleine Fehler allemal wett. Perfektion ist nicht nötig. Kleine Versprecher oder Unsicherheiten lassen Sie ganz normal menschlich erscheinen. Und auch die, die sich nicht getraut hätten, etwas zu sagen, empfinden Sie als sympathische Persönlichkeit: "Guck mal, das hätte mir auch passieren können..." Und noch eins: Atmen Sie dreimal ganz tief durch, bevor Sie das Wort ergreifen. Sie werden entschieden ruhiger starten.

Viel Erfolg!

Autoren

Dirk Getschmann

Dr. Dirk Getschmann hat Theaterwissenschaft, Literatur und Philosophie studiert und 1991 promoviert. Er ist Kommunikationswissenschaftler und Dozent für Reden Schreiben an der Akademie für Publizistik in Hamburg. Außerdem ist er Mitglied im Verband der Redenschreiber deutscher Sprache (VRdS).