Religiöse Erziehung: Was kann ich als Pate tun?

Nahaufnahme von den Händen eines Kleinkindes und eines Erwachsenen.
Foto: Getty Images/amana images RF/AKIRA
Taufpatenschaft
Als Pate versprechen Sie bei der Taufe, dass Sie den Eltern des Kindes bei dessen religiöser Erziehung helfen. Dieses Versprechen ist durchaus ein "dicker Brocken". Man kann leicht ins Grübeln kommen und sich fragen: "Wie soll ich das anstellen? Bin ich selbst überhaupt gläubig genug? Muss ich selbst viel wissen?" Zum Glück ist mit religiöser Erziehung kein Unterricht gemeint, den womöglich besonders fromme Menschen geben müssten. Es geht um Begleitung, um Zuhören, Erzählen und Deuten.

Geborgenheit schenken

Als Pate müssen Sie nicht in erster Linie etwas wissen. Ihr Patenkind ist ganz ohne Ihr Zutun ein religiöser Mensch. Das bedeutet, es sucht wie alle Menschen nach Geborgenheit, nach Sinn und nach Orientierung. Wer einem Kleinkind Gott nahebringen möchte, schenkt ihm das Gefühl, geborgen und aufgehoben zu sein. Für ein Kleinkind sind die eigenen Eltern wie Gott persönlich: Sie spenden Schutz und geben Nahrung, beschützen und kommen, wenn man nach ihnen ruft. Dieses Vertrauen können Sie unterstützen, wenn Sie Ihrem Patenkind signalisieren, dass es sich darauf verlassen kann, dass auch Sie ihm Gutes wollen und Gutes tun. Jede liebevolle Umarmung, jede freundliche Nähe kann für das Kind zum Zeichen werden, dass es gewollt ist, geliebt wird und sich weiterhin neugierig in der Welt umschauen kann. Sie können sich das zur ersten Aufgabe als Patin oder Pate machen: Zeigen Sie Ihrem Patenkind, dass es geborgen ist. Wenn Sie sich selbst von Gott begleitet fühlen, legen Sie dieses Gefühl in Ihre Umarmung.

Sinn finden

Kinder sind neugierig. Sie entdecken ständig Neues. Je mehr sie entdecken, desto größer wird ihre Welt. Dass diese Welt einen Sinn ergibt, spielt dabei schon sehr früh eine entscheidende Rolle. Darum fragen Kinder immer wieder nach dem Warum. Das mag Erwachsene manchmal verwundern oder auch ärgern, wenn allzu hartnäckig "Warum?" gefragt wird. Doch dahinter steht das große Verlangen, das Erlebte möge einen Sinn ergeben. Auch hier sind Kinder nicht anders als Erwachsene. Auch Erwachsene fragen nach dem Sinn des Lebens, nur tun sie es meistens nicht mehr laut, sondern in Gedanken und vor allem dann, wenn Verzweiflung droht. Als Erwachsene haben wir bereits für viele Warum-Fragen unsere Antworten gefunden. Nach dem Sinn des Lebens suchen Menschen allerdings häufig ein Leben lang. Das ist eine gute Sache, denn das Leben nimmt so viele Wendungen, dass eine starre Antwort auf die Frage nach dem Sinn wenig hilfreich ist. Wir verändern uns, und unsere Antworten verändern sich mit uns.

Als Pate können Sie sich darum zur Aufgabe machen, gemeinsam mit Ihrem Patenkind nach Sinn zu suchen. Haben Sie ein offenes Ohr, wenn Ihr Patenkind "Warum?" fragt. Warum-Fragen gehen häufig sehr direkt in eine philosophische oder in eine religiöse Richtung. Die Frage nach der Ethik lautet bei einem Kind "Warum soll ich andere gut behandeln?" Die Frage nach der Vielfalt des Seins lautet vielleicht: "Warum habe ich dunkles Haar und Du hast helles?" Die Frage nach dem Sinn des Lebens klingt eventuell so: "Warum muss das Kaninchen sterben?"
Es ist egal, in welcher Phase seiner Entwicklung Ihr Patenkind gerade steht. Hören Sie auf seine Fragen und geben Sie Antworten. Dabei kommt es wie bereits gesagt nicht darauf an, dass Sie alles wissen. Vielmehr geht es darum, dass Sie Ihr Patenkind in seiner Suche nach Sinn ernst nehmen und begleiten. Wenn Sie auf eine Frage keine Antwort wissen, geben Sie das offen zu. Wenn Sie auf die Frage, wo das tote Kaninchen jetzt ist, eine vage Vorstellung haben, die Ihnen selbst hilft, dann erzählen Sie davon. Und nicht zuletzt: Fragen Sie Ihr Patenkind, was es selbst meint! Stellen Sie Ihre Antwort neben die des Kindes, nicht automatisch darüber! Ihre innere Haltung kann so lauten: "Ich glaube so, was glaubst Du?"

Glauben vorleben

Wenn Sie ein gläubiger Mensch sind – ganz egal welcher Prägung –, dann sollten Sie damit nicht zurückhaltend sein. Allerdings sollten Sie vermeiden, Ihr Patenkind zu belehren. Leben Sie lieber vor, wie Ihr Glaube Ihnen gut tut. Wenn Sie zum Beispiel vor dem Essen beten, dann sollten Sie das auch tun, wenn Ihr Patenkind zu Besuch kommt. Lassen Sie dem Kind die Freiheit, einfach neugierig zu gucken. Wenn es fragt, erzählen Sie, was Sie tun und warum. Vielleicht wird es auch einfach mitmachen. Als Patin oder Pate haben Sie die Chance, Dinge anders machen zu können als die Eltern. Solange Sie das Erziehungskonzept der Eltern nicht durcheinanderbringen, ist es gut, wenn Sie Ihrem Patenkind vorleben, wie Sie selbst Ihren Glauben leben. So lernt es, dass es vielfältige Ausdrucksformen für den Glauben gibt, und es kann beginnen, einen eigenen Weg zu finden.

Richtung weisen

Ob nun als Eltern oder als Paten, Erwachsene haben die Aufgabe, Kindern, die ihnen anvertraut sind, ab und an eine Richtung anzuzeigen, in die sie gehen sollen. Allerdings muss man dabei gleich fragen, auf welche Weise man das tut. Wer lediglich Vorschriften macht, wird auf wenig Verständnis aber auf viel Widerstand treffen. Eigene Werte, auch die sogenannten "christlichen Werte", müssen sich immer wieder als tragfähig erweisen. Versuchen Sie darum nicht, Ihrem Patenkind Ihre Werte zu vermitteln, sondern vielmehr verständlich zu machen. Wenn Sie das Gefühl haben, dass Sie gegenüber Ihrem Patenkind als Ratgeber gefragt sind, dann stellen Sie sich dafür unbedingt zur Verfügung. Denken Sie daran, dass ein guter Ratgeber zunächst viel zuhören wird, bevor er selbst spricht. Fragen Sie lieber noch zehnmal nach, dann kommt Ihr Gegenüber vielleicht selbst auf einen Weg, der zu einem guten Ziel führt.

Sie sehen: Religiöse Erziehung ist Begleitung mit einem eigenen "Zeugnis", also mit einem Bekenntnis zu dem, was Sie selbst glauben. Wenn Sie aufmerksam mitgehen mit Ihrem Patenkind, werden Sie die Gelegenheiten zu solch einem Bekenntnis immer wieder finden.

Autoren

Frank Muchlinsky

© Lena Uphoff

Frank Muchlinsky ist Pastor und arbeitet bei evangelisch.de. Er betreut unter anderem die Seite fragen.evangelisch.de.