Münster (epd)."Wir wissen, dass die Religiosität eines Menschen stark von seiner Erziehung abhängt", erklärten die Religionssoziologen Christel Gärtner und Olaf Müller am Mittwoch zum Start des internationalen Projekts des Exzellenzclusters "Religion und Politik". Es fehle aber an exakten Daten und Erklärungen, warum manche Familien Glauben weitergeben wollen oder können und andere nicht, hieß es weiter.
Ein Forscherteam mit Wissenschaftlern aus Münster, Finnland, Italien, Kanada und Ungarn will den Angaben zufolge Familien in den fünf Ländern befragen. Geplant sind eine repräsentative Erhebung sowie qualitative Interviews mit Familienmitgliedern aus jeweils drei Generationen - Großeltern, Eltern und Kinder. Für die Untersuchung stellt die amerikanische John Templeton Foundation bis 2022 knapp 1,8 Millionen Euro Fördermittel zu Verfügung. Interessierte Familien können sich an den Interviews beteiligen.
In den meisten westlichen Ländern seien die religiöse Erziehung und der autoritäre Erziehungsstil seit den 1970er Jahren zurückgegangen, sagte Gärtner laut Mitteilung. Die Vermittlung kirchlich-dogmatischer Glaubensinhalte sei kein vorrangiges Erziehungsziel mehr. "Uneinig ist sich die Forschung aber darin, wie die empirischen Befunde des religiösen Abbruchs zu erklären sind", sagte die Professorin. Eine gängige Deutung sei, dass es sich um einen Generationeneffekt handele: Religiös liberale Eltern tradieren ihre Religiosität immer weniger an ihre Kinder. Dies verstärke sich bei der Heirat, wenn der Ehepartner einem anderen Glauben angehöre oder nicht religiös sei. Die Kinder seien dann weniger religiös als die Kinder aus Familien mit nur einer Religion, vermuten die Forscher.