Rettungspaket steht - Athen muss harten Sparkurs fahren

Rettungspaket steht - Athen muss harten Sparkurs fahren
Das milliardenschwere Rettungspaket für Griechenland hat die entscheidende Hürde genommen. Den Bewohnern des Landes drohen in den nächsten Jahren massive Einschnitte. Mit den Maßnahmen soll ein Staatsbankrott abgewendet werden.

Die Regierung in Athen verständigte sich mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF), der EU-Kommission und der Europäischen Zentralbank (EZB) auf harte Einschnitte für die griechische Bevölkerungen in den nächsten Jahren. Im Gegenzug wollen die Partnerländer der Euro-Zone dem von einer Staatspleite bedrohten Land bis 2012 bis zu 120 Milliarden Euro zur Verfügung stellen.

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso sieht nun die Voraussetzungen für die Milliardenhilfen erfüllt. Die Kommission empfahl, den europäischen Hilfsmechanismus "auf der Grundlage des vereinbarten mehrjährigen Reformprogramms" zu aktivieren. Für den Sonntagnachmittag waren die Finanzminister der 16 Euro-Länder nach Brüssel einberufen, um im Gegenzug die endgültige Höhe der Zahlungen an Griechenland festzulegen. Die Euro-Länder pochen auch auf freiwillige Hilfszusagen der privaten Banken. Dabei gehe es besonders um ein weiteres Engagement der Kreditwirtschaft in Griechenland, verlautete aus Verhandlungskreisen.

Krawalle bei Maikundgebungen

In dieser Woche wollen Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat die gesetzliche Grundlage für die deutschen, über die Staatsbank KfW laufenden Kredite an Athen schaffen. Die Hilfen sind innerhalb der schwarz-gelben Koalition und in den Bundesländern nicht unumstritten. Die griechische Regierung wollte bis Mittwoch die gesetzlichen Grundlagen für ihre Sparmaßnahmen vom Parlament im Schnellverfahren billigen lassen. In Athen kam es wegen der massiven Einschnitte am Samstag bei den Mai-Kundgebungen erneut zu Krawallen. Für die nächste Tage kündigten die zwei größten Gewerkschaftsverbände neue Streiks an.

Im Zuge des harten Sparkurses muss Athen bis 2013 im Haushalt die für griechische Verhältnisse erhebliche Summe von 30 Milliarden Euro einsparen. Wie Finanzminister Giorgos Papakonstantinou am Sonntag in Athen weiter erläuterte, soll das Haushaltsdefizit bis 2014 von derzeit 13,6 auf 3 Prozent reduziert werden. Griechenlands Staatsverschuldung lag zuletzt bei 300 Milliarden Euro. Zudem wird zum zweiten Mal seit Jahresbeginn die Mehrwertsteuer um zwei Prozent erhöht, diesmal von 21 auf 23 Prozent.

Acht Prozent Lohnkürzung für Staatsbedienstete

Staatsbedienstete erhalten acht Prozent weniger Lohn. Außerdem fallen Weihnachtsgeld und 14. Monatsgehalt weg; alle mit einem Bruttogehalt von maximal 3.000 Euro bekommen aber pauschal 500 Euro zu Weihnachten sowie je 250 zu Ostern und für den Urlaub. Auch auf Renten von mehr als 2.500 Euro gibt es kein Weihnachtsgeld und 14. Monatsgehalt mehr. Steuern für Luxusimmobilien und Luxusautos sollen erhöht werden.

IWF, EU-Kommission und EZB wollen die Sparanstrengungen Athens laut Papakonstantinou alle drei Monate überprüfen. Nur dann werde das Programm fortgesetzt, sagte der Minister. Ministerpräsident Giorgos Papandreou sagte: "Oberstes Gebot ist die Rettung des Vaterlandes." Aus diesem Grund habe er dem harten Sparprogramm zustimmen müssen. In diesem Jahr rechnen die Euro-Staaten mit 30 Milliarden Euro für Griechenland, davon 8,4 Milliarden aus Deutschland. Zusätzlich kommen bis zu 15 Milliarden Euro vom IWF.

Berlin will Euro-Stabilitätskriterien verschärfen

Als Lehren aus der Griechenland-Krise will die Bundesregierung die Stabilitätskriterien für den Euro drastisch verschärfen. «In letzter Konsequenz muss es künftig möglich sein, einem Land, das seine Verpflichtungen nicht einhält, zumindest vorübergehend das Stimmrecht zu nehmen», sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) der "Bild am Sonntag". Auch müsse über eine Insolvenzregelung für Staaten nachgedacht werden, um so künftig bei einer Rettung auch die Gläubiger mit ins Boot zu bekommen, hieß es.

Außenminister Guido Westerwelle forderte beim FDP-Landesparteitag in Aachen: "Wer dauerhaft die Stabilitätskriterien in Europa missachtet, dem müssen die europäischen Finanzmittel gesperrt werden, damit er zur soliden Haushaltspolitik zurückkehrt." Auch die EU-Kommission denkt laut Barroso («Hamburger Abendblatt»/Montag) über verschärfte Kontrollmechanismen nach, um krisenfördernde Defizite zu vermeiden.

Rückgang bei Reisebuchungen

Als Nebenwirkungen des Gezerres um die Griechenlandhilfe gingen die Reisebuchungen für das Land - gegen den Trend - um sechs Prozent zurück. Unter Berufung auf des Marktforschungsunternehmens GfK berichtete die "Welt am Sonntag", besonders deutlich sei das Griechenland-Geschäft im April eingebrochen.

Viele Griechen in der Bundesrepublik sehen das Zusammenleben mit den Deutschen durch die Debatte über den drohenden Bankrott des Mittelmeerstaates belastet. "Wir müssen uns viele dumme Sprüche anhören. Die Stimmung ist nicht gut", sagte der Vorsitzende des Verbands der griechischen Gemeinden mit Sitz in Bonn, Kostas Dimitriou.

dpa