Medienwissenschaftler kritisiert Product-Placement

Medienwissenschaftler kritisiert Product-Placement
Der Medienwissenschaftler Volker Lilienthal kritisiert die neuen Regeln zum Product-Placement im deutschen Fernsehen. Indem sowohl bezahlte Produktplatzierungen bei Privatsendern als auch unentgeltliche Produktionshilfen bei ARD und ZDF einheitlich mit einer "P"-Einblendung gekennzeichnet werden, kämen "die Privaten aus der Schäm-Ecke".

"Denn es sieht so aus, als ob die Öffentlich-Rechtlichen genau dasselbe machen", sagte der Hamburger Journalistik-Professor in einem epd-Gespräch. Den Zuschauern werde dabei nicht klar, dass es sich in Wirklichkeit um "sehr verschiedene Arten der Unterstützung" handele.

Der neue Rundfunkstaatsvertrag, der seit Donnerstag in Kraft ist, definiert erstmals Regeln für Produktplatzierungen und Produktionshilfen im deutschen Fernsehen. Beides muss zu Beginn und am Ende jeder Sendung sowie nach jeder Werbepause für mindestens drei Sekunden mit einem "P" gekennzeichnet werden. Außerdem soll es einen schriftlichen Hinweis "enthält Produktplatzierung" oder "unterstützt durch Produktionshilfe" geben. Dass die Privatsender am Anfang oder Ende zusätzlich ein Markenlogo einblenden dürfen, hält Lilienthal für bedenklich: "Das ist die Erlaubnis für einen weiteren Werbeeffekt."

Transparenzgedanke

Bezahlte Placements sind bei ARD und ZDF nur in angekauften Produktionen, etwa Hollywood-Spielfilmen, erlaubt. Privatsender dürfen Produktplatzierungen in Spielfilmen, Serien, Sportsendungen und Formaten der "leichten Unterhaltung" einsetzen. Das Produkt darf allerdings keine "auffällige Stellung im Sendungsverlauf" erhalten. Nach Ansicht Lilienthals sollten alle Sender im Nachspann aufführen, "welche Firmen mit welchen Summen eine Sendung unterstützt haben". Nur so könne dem Transparenzgedanken des Gesetzgebers, der mit der Teilerlaubnis verbunden sei, Rechnung getragen werden.

Lilienthal erwartet, dass die Privatsender bis an die Grenze der neuen Regeln gehen werden. "Der Gesetzgeber hat eine Schleuse geöffnet. Die Sender werden sie weiter aufmachen und hoffen, dass die Medienaufsicht es nicht bemerkt", sagte er. Zudem würden sich die Werbungtreibenden mit "neuen kreativen Einfällen" an die Privatsender wenden. Große zusätzliche Einnahmen könnten die Sender aber durch Product-Placement nicht erwarten. "Es wird eher zu einer Umwidmung in den Werbebudgets kommen", sagte Lilienthal.

Auswirkungen prüfen

Medienkritik und Publikum müssten die Auswirkungen der neuen Regeln genau prüfen. "Man muss es sich nicht gefallen lassen, plötzlich einem Konsumappell ausgesetzt zu sein", sagte der Journalistik-Professor. Mit der Erlaubnis für Produktplatzierungen im Fernsehprogramm werde ein "letzter Restraum an Ruhe in einer kommerziell überformten Welt" aufgegeben. "Das ist bedauerlich und ähnelt dem Problem der Kirchen, den Sonntag gegen liberale Ladenöffnungszeiten zu verteidigen", sagte Lilienthal, der 2005 als verantwortlicher Redakteur des Fachdienstes "epd medien" den Schleichwerbeskandal um die ARD-Serie "Marienhof" enthüllt hatte.