Für die Serie Lego City entwickelt er Feuerwehrautos, Bauernhöfe oder Helikopter. Wenn man den 52-Jährigen fragt, woran er gerade arbeitet, dann schüttelt er den Kopf und entschuldigt sich. Er dürfe es wirklich nicht verraten. Sein Arbeitsplatz liegt hinter schweren, grauen Flügeltüren. Nur wer als Symbol einen roten Lego-Stein auf seiner Magnetstreifenkarte hat, kommt hier durch. In Billund in Dänemark arbeiten mehrere tausend Menschen für die Firma. Den roten Stein haben nur ungefähr 20.
Møller und seine fünf Kollegen bauen stundenlang neue Modelle. Sie basteln und tüfteln - "du musst die Steine fühlen, stapeln und sehen, ob's stabil ist". Das 3-D-Modell am PC wird erst danach gemacht, "für alle anderen". Etwa 3.000 verschieden geformte Elemente haben die Designer zur Verfügung. Und sie haben keine Zeit, misslungene Versuche hinterher wieder auseinandernehmen. Was dem Team nicht gefällt, wandert in den Müll. Beziehungsweise in einen Eimer im Büro. Die Teile werden eingeschmolzen und mit anderen Resten zu schwarzen Lego-Steinen verarbeitet. "Die schwarzen Steine, das sind unsere verworfenen Ideen", sagt Møller.
Kinder dürfen testen
Ob eine Idee jemals in die Läden kommt, hängt auch von den jungen Testern ab. Gute Entwürfe werden auf einem Tisch ausgebreitet und mit weißen Tüchern bedeckt. Dann dürfen rund 20 Kinder zwischen fünf und acht Jahren in den Raum, und die Tücher werden nacheinander gelüftet. Leuchten die Augen und den Kindern entfährt ein staunendes "Wow" - Volltreffer! Sagen sie nur: "Das ist aber schön..." - "dann liegen weitere drei Monate Arbeit vor uns", seufzt der Designer.
In einem Fabrikkomplex in der Nähe werden die guten Ideen in Plastik gegossen. Genauer: In ABS. Das ist die Abkürzung für Acrylnitril-Butadien-Styrol-Copolymerisat. So heißt das biss- und kratzfeste Material, aus dem Lego-Steine sind. Als Granulat kommt es in der Fabrik an. Silbrige Silos ragen in den Regenhimmel. Hier und in Kisten werden Kügelchen gelagert, bis sie gebraucht werden.
An den Innenwänden der Fabrik verläuft ein Labyrinth aus Rohren. Das Granulat "fließt" hindurch bis in die richtige Spritzgussmaschine. Mehr als 750 der monströsen Geräte stehen in Billund. Es röhrt und wummert in den Produktionshallen. Granulat auf 232 Grad erhitzen, in die Form spritzen, rund sieben Sekunden lang abkühlen lassen - und eine Handvoll fertiger Steine klackert auf eines der vielen Fließbänder. Etwa 36.000 Elemente können hier pro Minute entstehen.
Schwierig zu fälschen
Und jedes davon ist Präzisionsarbeit. Schon mal einen Lego-Stein erwischt, der klemmt oder wackelt? Die Teile sind bis auf ein zweitausendstel Millimeter genau. Deshalb kostet eine Metallform im Durchschnitt auch rund 50.000 Euro. Und deshalb gibt es wohl so wenige billige Kopien, obwohl das Patent schon seit mehr als 20 Jahren abgelaufen ist. "Wenn man das gut machen will, wird es richtig teuer", sagt Lego-Sprecher Jan Christensen.
Das Fließband entlässt die fertigen Teile in eine Kiste. Wenn die voll ist, leuchtet darüber eine orangefarbene Lampe auf. Bis jetzt hätte man die feinen Rillen auf dem Betonboden noch übersehen können. Doch da biegt ein Roboter um die Ecke. Die wuchtige Kreuzung aus Golfmobil und Rollstuhl zockelt die Rillen entlang von Kiste zu Kiste. Greifarm ausfahren, Kiste packen, Kiste aufladen, Kiste aufs Fließband in Richtung Lager stellen - Menschen trifft man hier fast nur an, wenn eine Spritzgussmaschine gewartet oder gereinigt werden muss.
Das Lager funktioniert so ähnlich wie ein Fast-Food-Laden. "Hast du Hunger? Dann wird dir hier ein Menü zusammengestellt", sagt Christensen. Er steht in seiner grellen Sicherheitsweste am Rand einer Kolonne von Metallregalen voller Kisten. 17 Meter hoch und so lang, dass man in der dunklen Halle kaum das Ende erkennt. Computer rechnen zum Beispiel aus, wie viele Beamte, Reifen, Blaulichter und Warnschranken man für 1.000 Polizeistationen braucht. Und ein gelber Kranroboter fährt die Regale ab und holt die gewünschten Boxen.
Augen und Münder für die Figuren
Gesichter und Oberkörper werden nebenan bedruckt. Klickedackeklickedacke - die Gummistempel rattern im Takt zu einer unhörbaren Melodie. Batterien von gelben Miniköpfen bekommen hier Augen und Münder verpasst und Reihen von kantigen Torsos erhalten Knöpfe, Taschen, Kragen. An einer Maschine steht ein Mann mit blondem Schnäuzer. Er schaut und schaut durch eine kleine Lupe, zwischen seinen Fingern klemmt ein gelber Kopf. "Siehst du die Farbe im rechten Auge? Die ist etwas zu hoch."
Die letzte Station: Sortieren und Verpacken. Kaum erwähnenswert scheint es noch, dass auch hier fast alles ohne Menschenhand läuft. Automatisch fällt die korrekte Anzahl Elemente in eine Schachtel, automatisch wird die Auswahl gewogen und in transparente Tütchen, dann in einen Karton gesteckt.
Bei Lego wird eifrig getüftelt - mit Steinen wie mit Zahlen. So gehört zum Unternehmensprofil auch das Rechenkunststück, dass sich eine Schlange aus allen Lego-Steinen, die in einem Jahr verkauft werden, mehr als fünfmal um die Erde winden würde. Und dass es pro jeden Erdenbürger im Durchschnitt 62 Steine gibt.
Rührige Erfolgsgeschichte
Dahinter steckt eine rührige Erfolgsgeschichte. Sie beginnt vor rund 100 Jahren mit einem dänischen Tischler. Ole Kirk Christiansen war ein gläubiger Mann aus einer einfachen Familie. Im Jahr 1916 kaufte er in dem Örtchen Billund im Süden von Jütland eine Werkstatt. Dort fertigte er Schränke, Türen und Fenster.
Bis seine Frau 1932 im Kindbett starb und die Weltwirtschaftskrise nach Billund schwappte. Der Tischler stand mit vier Söhnen und fast ohne Einkommen da und sattelte in der Not um. Er sägte und zimmerte fortan Bügelbretter, Leitern, Hocker, und nebenbei auch Tiere, Flugzeuge und Feuerwehrautos. Das Spielzeug verkaufte sich am besten.
Der erste echte Lego-Stein ward 1958 geboren, aus einer damals hochmodernen Spritzgussmaschine, die Ole Kirk und sein Sohn Godtfred kurz nach dem Krieg angeschafft hatten. Auf die kleinen Quader mit Noppen gründete sich in den folgenden Jahrzehnten der wachsende Erfolg der Firma.
Mit Lego dargestellt gibt es übrigens auch die Bibel, als "Brick Testament".