Es gibt Firmen, die haben Kunden. Es gibt welche, die haben Fans. Und es gibt eine, die hat Jünger: Apple. "Das iPad ist in der Welt" tippte einer von ihnen am Mittwochabend in sein Blog und umschrieb damit, was sich in der Pressemitteilung des Herstellers so liest: "Apple hat heute iPad vorgestellt, ein revolutionäres Gerät für das Surfen im Web, Lesen und Senden von E-Mails, Genießen von Bildern, Betrachten von Videos, Musikhören, Spielen, Lesen von E-Books und vielem mehr."
Die Geburtsstunde
Schon seit Wochen kursierten die wildesten Gerüchte über das Gerät im Netz, und wie immer gab es sogar "Spy"-Fotos. Die meisten davon stellten sich allerdings als gut gemachte Photoshop-Kreationen heraus. Erst wenige Stunden vor der offiziellen Vorstellung durch den Apple-Boss Steve Jobs tauchten Fotos von dem Gerät im Netz auf, das dann gegen 10.15 Uhr Ortszeit in San Francisco tatsächlich "in die Welt" kam.
Finger-Steuerung
Was ist "iPad"? Eine Frage, die sich sicher in den nächsten Wochen viele potenzielle Käufer stellen werden. Das iPad gehört in die Kategorie der "Tablet Computer", einer Geräte-Klasse, die eine Hand voll Firmen – allen voran Microsoft - vor einigen Jahren schon einmal in den Markt drücken wollten und damit kläglich scheiterten. Ein Tablet Computer ist ein vollwertiger Computer ohne Tastatur. Er besitzt ein berührungsempfindliches Display ("Touchscreen") und ein speziell für die Bedienung mit den Fingern angepasstes Betriebssystem. Beim iPad handelt es sich um "OS 3.2", eine Weiterentwicklung des Betriebssystems für iPhone und iPod Touch. Eine Übertragung des "großen" Mac OS X vom Mac auf das iPad hätte das Gerät zu kompliziert gemacht. So wird das iPad wie ein iPhone oder iPod Touch mit einer intuitiven Oberfläche bedient. Zum Tippen dient eine Bildschirmtastatur, die Dank des 9,7-Zoll-Displays fast so groß ist wie ein echtes Keyboard. Fast alle Apps, die für iPhone und iPod Touch entwickelt wurden, laufen auch auf dem iPad.
Digitale Bücher
Das iPad wird mit zwölf eingebauten und neu entwickelten Programmen geliefert, darunter z. B. Mail, iPod, dem Webbrowser Safari, einem Kalender und dem neuen Programm "iBooks". Denn Apple will das iPad nicht nur als Tablet-Computer vermarkten sondern hofft, auch im Bereich der elektronische Bücher das wiederholen zu können, was ihnen bei Musik und Handy-Programmen ("Apps") schon zweimal gelang: Das Kaufen, Lesen und Verwalten von eBooks, Zeitschriften und Zeitungen soll damit neu erfunden werden. Zu diesem Zweck wird der virtuelle "iTunes Store" nach dem "App Store" noch um den "iBookstore" erweitert. Wer beim Stöbern in dieser elektronischen Buchhandlung etwas Passendes findet, kann das Buch sofort und direkt mit dem iPad kaufen und herunterladen – zunächst allerdings nur in den USA. Wann das Angebot in anderen Ländern starten soll, ist noch nicht bekannt – hier laufen die Verhandlungen mit den Verlagen.
Drahtlose Möglichkeiten
Für das Herunterladen und den Kontakt zum Internet gibt es beim iPad zwei Möglichkeiten: Alle Modelle werden mit eingebautem WLAN-Modul geliefert, auf Wunsch ist auch ein Mobilfunk-Modul integriert, das das iPad unabhängig von einer WLAN-Basisstation oder einem Hotspot macht. Das WLAN-Modell soll in drei Varianten (16, 32 und 64 GB) ab Ende März weltweit zu haben sein. In den USA wird es, je nach Speichergröße, 499, 599 und 699 Dollar kosten. Einen Monat später kommt in den USA und einer Handvoll weiterer Länder auch das Modell mit zusätzlichem Mobilfunk-Teil auf den Markt. Aufpreis dafür: 130 Dollar. Die Preise für Deutschland will Apple demnächst bekannt geben.
Wer braucht's?
Keine Frage, das iPad ist technisch gelungen. Das Display ist brillant, über die Benutzeroberfläche ist das Gerät intuitiv bedienbar. Bleibt die Frage: Wer braucht das iPad? Klar, die zahlreichen Apple-Fans und –Jünger werden sich sicher ein iPad zulegen. Aber wird das Gerät die Art, in der wir mit Computern umgehen, verändern? Ist das iPad ein weiterer Schritt hin zum vernetzten Computer, den man als solchen gar nicht mehr wahrnimmt, weil er einfach da ist und man nach ihm greifen kann, wenn man ihn braucht? Weil er irgendwo im Wohnzimmer liegt und man ihn sich nimmt wie eine Zeitung, wie ein Buch, wie ein Telefon? Wird das iPad vielleicht auch solche Nutzer ansprechen, die bisher noch gar nicht wussten, dass sie einen Computer wie diesen benutzen möchten? Antworten auf diese Fragen werden wir erst in den nächsten Monaten haben. Das Zeug zu all dem hat das iPad auf jeden Fall.
Über den Autor:
Michael Stein (Konfirmation 1976) arbeitet seit 1986 als Wissenschaftsjournalist mit Schwerpunkt Technik für Radio, Fernsehen, Print- und Online-Medien. Parallel zum Beruf studiert er seit 2004 in Wuppertal und Bochum Evangelische Theologie, um irgendwann einmal Journalist und Pfarrer zu sein. Für evangelisch.de schreibt er in seiner Kolumne "Maschinenraum" jede Woche über Technik, was wir mit ihr machen -und was sie mit uns macht.