"Rund die Hälfte der Gebärmutter-Entfernungen könnte mit einfacheren Mitteln verhindert werden", sagt Thomas Haßkamp, Leiter einer gynäkologischen Praxis im Münsterland. Wirklich notwendig sei ein radikaler Schnitt nur selten, zum Beispiel bei Krebs.
"In unserem Kulturkreis gilt die Gebärmutter vor allem als Fruchtbarkeitsorgan", sagt die Gynäkologin und Autorin Barbara Ehret. Deshalb herrsche unter Ärzten oft die Ansicht, dass eine Frau über 40 sie nicht mehr brauche. Es gelte oft das Motto: Wo nichts ist, kann auch kein Krebs entstehen. "Woanders sieht man die Gebärmutter eher als wichtiges Sexualitäts- und Identifikationsorgan", sagt Ehret. Die langjährige Chefärztin und Geschäftsführerin des Internationalen Zentrums für Frauengesundheit in Bad Salzuflen kämpft dagegen, dass gesunde Organe beseitigt werden.
Hormone als Alternative
Zu den häufigen Gründen für eine Gebärmutter-Entfernungen zählen überwiegend schmerzhafte und sehr starke Monatsblutungen. Diese entstehen oft durch Myome, gutartige Gewebewucherungen. Für Haßkamp ist das Herausnehmen der Gebärmutter und des Gebärmutterhalses hier "in der Mehrheit der Fälle unnötig". Ähnlich verhält es sich bei der Endometriose, bei der versprengte Schleimhautinseln die Frauen allmonatlich plagen. Haßkamp behandelt hier lieber mit Hormonen. "Nach sechs Monaten ist die Blutung um 91 Prozent reduziert", sagt er mit Verweis auf Studien.
Der Stuttgarter Frauenarzt im Ruhestand Richard Schmied hingegen verteidigt die Entfernung der Gebärmutter: "Warum soll man bei einem Organ, das nur noch Probleme macht, nicht das Übel an der Wurzel packen?" Er berichtet von vielen Frauen, die "froh waren, das lästige Ding endlich los zu sein".
Ärztin Ehret wehrt sich gegen eine "Geringschätzung der Gebärmutter". Bereits in den 70er und 80er Jahren aktivierte sie Frauen und Gynäkologen gegen die Totaloperationen, bei denen Gebärmutterkörper und Gebärmutterhals entfernt wird. Die Zahl dieser Eingriffe ging in den 80er Jahren tatsächlich zurück, bestätigt das Robert-Koch-Institut. Sie sank von rund 200.000 im Jahr auf 120.000 bis 150.000. Heute zeige die Tendenz wieder nach oben, bedauert Ehret. Die Trendwende kam ihrer Einschätzung nach mit der sogenannten Schlüsselloch-Chirurgie.
Neue OP-Methode
Hierbei macht der Operateur drei bis vier zentimeterkleine Löcher in die Bauchdecke und führt durch diese eine Kamera und das Operationsbesteck ein, erklärt Gynäkologe Haßkamp. Die große Bauchwunde bleibt der Frau erspart. Doch die Umstellung auf das schonende Verfahren kostet Zeit und Geld und setzt sie sich nur langsam durch.
Die auf den ersten Blick "sanfte" Chirurgie ist allerdings nach Ansicht von Ehret nicht unbedingt schonender, vor allem, wenn die Operateure nicht viel Erfahrung besitzen. Die innere Wunde ist bei allen Methoden groß.
"Es dauert immer ein halbes Jahr, bis die Frauen wieder die alten sind", sagt Ehret. "Es ist nicht nach 14 Tagen wieder gut." Neben den Schmerzen durch Wunden und Nähte ergeben sich mitunter Probleme mit Blase und Darm. Manche Operierte empfinde zudem ein Gefühl des "Verlusts der Weiblichkeit" und leide an depressiven Verstimmungen. Auch das sexuelle Empfinden könne sich verschlechtern. All das gehört für Ehret zur natürlichen Heilphase.
Langanhaltende Beschwerden
"Darüber hinaus leiden zehn bis zwanzig Prozent an langanhaltenden Beschwerden". Die Ärztin beobachtete bei ihrer Arbeit in einer Rehaklinik in Bad Salzuflen, dass körperliche und seelische Komplikationen "oft Hand in Hand gehen".
In langer Praxis erlebte die Medizinerin, "dass die schlimmsten Langzeitfolgen bei Frauen auftraten, die überrumpelt wurden. Da hat der Arzt mal eben gesagt, da ist ein fünf Zentimeter großes Myom - das muss raus." Bevor die Frauen - von Angst getrieben - zur Terminvergabe eilten, sollten sie sich gut informieren, rät Ehret.
Es gibt auch Fälle, in denen sie wie andere Mediziner zur Gebärmutter-Entfernung rät. Neben Krebs zählen dazu Blutungen, die auf andere Weise nicht zu stillen sind, oder starke Senkungen der Gebärmutter. "Aber ansonsten macht es keinen Sinn, ein gesundes Organ zu entfernen".