Merkel sagte der in Bielefeld erscheinenden "Neuen Westfälischen" (Samstagsausgabe), sie gehe davon aus, dass "der Gesetzentwurf zum Betreuungsgeld bis zur Sommerpause kommt, wenn alle Arbeiten und Prüfungen dazu abgeschlossen sind". Familienministerin Kristina Schröder (CDU) hatte den Entwurf bis zum Sommer angekündigt und will sich vorher nicht über Details äußern. Die Kanzlerin nannte es in den Zeitungen der Essener WAZ-Mediengruppe (Freitagsausgaben) "ein Gebot der Fairness", nicht nur Tagesstätten und Krippen zu unterstützen, sondern "auch den zweiten Teil des seit 2008 bestehenden Konzepts einzuhalten, und das ist das Betreuungsgeld für Unter-Dreijährige einzuführen".
Das Betreuungsgeld soll nach den Plänen der Bundesregierung ab 2013 an Eltern ausgezahlt werden, die ihr Kleinkind nicht in eine öffentlich geförderte Kindertagesstätte schicken. Sie sollen zunächst 100 und später 150 Euro erhalten. Die Pläne werden von der Opposition, Sozialverbänden und Kirchen kritisiert, aber auch in den Reihen von CDU und FDP. Grünen-Fraktionschefin Renate Künast erklärte in Berlin, das Betreuungsgeld verstoße gegen die grundgesetzlich garantierte Gleichberechtigung. Das Bundesjustizministerium habe verfassungsrechtliche Zweifel angemeldet, Merkel müsse "jetzt endlich die Bremse ziehen". Die "Berliner Zeitung" (Freitagsausgabe) hatte aus einem internen Vermerk des Ministeriums zitiert, wonach das Betreuungsgeld "ein hohes verfassungsrechtliches Risiko" darstellt. Ein Ministeriumssprecher wie den Bericht aber zurück.
Lindner rät zu Verschiebung
Der FDP-Spitzenkandidat für die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen, Christian Lindner, warb im Magazin "Focus" dafür, das Betreuungsgeld nicht wie vorgesehen 2013 einzuführen. Er riet der CSU dazu, das Vorhaben "einstweilen zurückzustellen". Höherrangiges Ziel sei ein ausgeglichener Bundesetat 2014, "der ein Erfolg für die Koalition als Ganzes" wäre. CSU-Chef Horst Seehofer hatte mit einem Bruch der Koalition gedroht, wenn das in der Regierungskoalition verabredete Betreuungsgeld nicht umgesetzt wird.
Nach Einschätzung des Sozialdienstes katholischer Frauen diskriminiert das Betreuungsgeld ärmere Familien, weil Hartz-IV-Empfänger davon nicht profitieren sollen. Medienberichten zufolge soll es auf die Sozialleistungen angerechnet werden. Die Diakonie rief die Bundesregierung auf, das Betreuungsgeld "endlich zu den Akten zu legen". Maria Loheide, sozialpolitischer Vorstand des Diakonie-Bundesverbandes, sagte, die Debatte über die Anrechnung offenbare "die völlige Hilflosigkeit der Koalition im Umgang mit diesen sinnlosen Gesetzgebungsplänen". Loheide forderte, die Mittel in den Ausbau der Kitas zu investieren.