Der kommentierte Aphorismus (VIII)

Der kommentierte Aphorismus (VIII)
In seiner Kolumne kommentiert Hasso Mansfeld Aphorismen. In dieser Folge hat er sich ein Wort von Leo Tolstoi vorgenommen. Thema: zwischenmenschliche Beziehung.
16.11.2009
Von Hasso Mansfeld

"Der Faulpelz hat viele Helfer."

Lew Nikolajewitsch Graf Tolstoi (Leo Tolstoi), geboren am 28. August 1828 bei Tula und gestorben am 7. November 1910 in Astapowo

Würde die Faulheit eines Menschen nur sein eigenes Leben betreffen, ohne Konsequenzen für den Rest der Gesellschaft zu entfalten, gäbe es keinen Grund, am Müßiggang eines Mitbürgers an sich Anstoß zu nehmen.

Wie es jedoch der russische Schriftsteller Tolstoi in seinem Aphorismus "Der Faulpelz hat viele Helfer" beschreibt , betrifft die Faulheit nicht nur das Leben des Faulen, sondern auch das Leben anderer. So finden sich im Leben eines Faulen immer Menschen, welche dem Faulen helfen, die bewusst die Aufgaben von jemand anderem übernehmen und sich weidlich ausnutzen lassen. Solange sie es freiwillig machen, gäbe es immer noch keinen Grund, das Verhalten eines Leistungsunwilligen zu kritisieren. Es gibt aber gleichwohl Aufgaben, die der Faule nicht zu übernehmen Willens ist, welche dann von anderen übernommen werden müssen, ohne dass sie es freiwillig täten oder sich gar bewusst wären, wessen Arbeit sie gerade verrichten. Das Faule hingegen weiß, dass er andere für sich arbeiten lässt und ist sich der Konsequenz seines Nichtstuns völlig im Klaren. So steht schon in der Bibel : "Der Faule dünkt sich weiser als sieben Kluge".

Durch sein Nichtstun zwingt der Faule andere Menschen, die eigentlich von ihm selbst zu erbringenden Leistungen zu übernehmen. Damit schränkt der Faule die Freiheit von anderen ein. Niemand hat daher in unserer arbeitsteiligen Solidargemeinschaft ein Recht auf Müßiggang - die Leistungsverweigerung von Faulen betrifft unsere gesamte Gesellschaft. Faulheit darf daher nicht tabuisiert, sondern wo man sie erkennt, sollte sie offen angesprochen werden.

Im Übrigen kann ein fauler Mensch das Geschenk des Lebens nicht in ausreichendem Maße füllen und macht nichts aus seinen von Gott geschenkten Möglichkeiten. Auch deshalb ist die Faulheit im Christentum eine Todsünde und wird von der Bibel verurteilt.


Über den Autor:

Hasso Mansfeld arbeitet als selbstständiger Kommunikations-Berater. Die Beschäftigung mit philosophischen Fragen ist fester Bestandteil seiner Beratungstätigkeit. Für seine Ideen und Kampagnen wurde er bereits mehrfach ausgezeichnet.