In den von Staub und Wind gezeichneten Ebenen im Nordosten Kenias hat Omar Hadschi seit ganzes Leben verbracht. Doch eine Dürre wie die derzeitige hat er noch nicht erlebt. "Es gibt kein Wasser, nirgends", keucht der Alte. "Unsere Kinder gehen nicht mehr zur Schule, weil sie den ganzen Tag über Wasser suchen. Und das Vieh, unser einziges Kapital, stirbt." In den vergangenen drei Jahren wurden in Wajir, dem Zentrum der Region, 30 Millimeter Niederschlag gemessen, belegen die Aufzeichnungen des kenianischen Wetteramtes. Dass das eine Laune der Natur ist, glaubt hier niemand mehr.
"Die Dürren häufen sich", beobachtet auch Philippa Crosland-Taylor von der Hilfsorganisation Oxfam. "Was wir im Nordosten Kenias sehen, sind die Auswirkungen des Klimawandels, und sie betreffen ausgerechnet diejenigen, die am wenigsten zu seiner Entstehung beigetragen haben." Von den verheerenden Folgen, die bereits jetzt Millionen Menschen betreffen, warnt Nixon Otieno von dem Hilfswerk Action Aid: "Die durch den Klimawandel verursachten Dürren und Überschwemmungen sind eindeutig für die Nahrungsmittelkrise in Kenia und anderen Teilen Afrikas verantwortlich."
Regierungen von Fluten überrascht
Das sind die beiden Seiten der Medaille: Während in Ostafrika die schlimmste Dürre seit langem herrscht, wird der Westen des Kontinents von Rekordüberschwemmungen heimgesucht. So wurden vor wenigen Wochen wegen starker Regenfälle Hunderttausende Menschen in Burkina Faso, Ghana und Senegal obdachlos. "Die Stärke und das Ausmaß der Fluten haben die Regierungen in diesem Jahr schlicht überwältigt", bilanziert Charles Bambara, der in Senegals Hauptstadt Dakar für Oxfam arbeitet.
Im Osten und Westen Afrikas wurden aus verschiedenen Gründen die Ernten zerstört, oder die Saat ging erst gar nicht auf. Dass sich die Lage in diesem Jahr grundlegend verbessert, halten Helfer für unwahrscheinlich. Doch für die Zukunft setzt Crosland-Taylor auf langfristige Hilfe: "Wir müssen versuchen, die Klimafolgen abzufedern, und nicht nur Nothilfe liefern, wenn es zu spät ist."
Fischerei und Krabbenzucht in Gefahr
Der Internationale Rat für Klimafragen (IPCC) warnt in seinem jüngsten Bericht ausdrücklich vor den Folgen des Klimawandels für die Nahrungsmittelsicherheit in Afrika. Im westafrikanischen Guinea könnte bis zum Jahr 2050 ein Drittel der Reisfelder permanent überflutet sein, heißt es dort - Reis ist Guineas Grundnahrungsmittel. Auch die Fischerei und Krabbenzucht in den Lagunen am Golf von Guinea ist in Gefahr. Für Kenia schließlich sagen die Klimaforscher Verluste von jährlich 500 Millionen US-Dollar wegen Ernteverlusten bei Mangos, Nüssen und Kokosnüssen voraus.
Am schlimmsten aber ist die schon jetzt fehlende Verlässlichkeit der einst so regelmäßigen Abfolge von Trocken- und Regenzeit, sind sich Klimaforscher und Kleinbauern einig. Für Afrikas Landwirtschaft, die fast ausschließlich von Regenwasser gespeist wird, ist das eine Katastrophe. "Auf die jahrelange Dürre folgen schon jetzt in Teilen des Landes katastrophale Überschwemmungen", erklärt ein Sprecher des kenianischen Landwirtschaftsministeriums.
"El Niño" ist schuld
In diesen Tagen wird es nach Vorhersagen von Meteorologen in Kenia erstmals seit drei Jahren wieder reichlich regnen. Schuld ist "Das Christkind" (El Niño), ein Wetterphänomen, das dem Osten Afrikas Regenfälle bringt. Vor zwölf Jahren waren sie so heftig, dass ganze Straßenzüge weggespült und Häuser eingerissen wurden. Diesmal soll es sich jedoch um moderate Regenfälle handeln.
In Kenia soll der Regen, der mehr als einen Monat zu früh erwartet wird, ausgenutzt werden: Seit Wochen verteilt Kenias Landwirtschaftsministerium im ganzen Land Saatgut. "Wir versuchen unser bestes, um den Farmern eine gute Ernte zu ermöglichen", sagt der Staatssekretär in Kenias Landwirtschaftsministerium, Romano Kiome. Mit subventioniertem Dünger soll eine Rekordernte erreicht werden.