Das Wort "Tsunami" kommt aus dem Japanischen: "tsu" heißt Hafen, "nami" bedeutet Welle. Auf hoher See sind diese "Wellen im Hafen" gewöhnlich nicht höher als zwei oder drei Meter und werden wegen ihrer großen Wellenlänge von Schiffen oft gar nicht bemerkt. In flachen Küstengewässern und engen Buchten laufen die Wellen dann aber zu enormen Höhen auf und können ganze Landstriche verwüsten. Dabei können die Tsunamis an völlig anderen Orten entstanden sein, denn sie breiten sich mit bis zu 900 Kilometern pro Stunde aus und können so binnen kurzer Zeit auch weit entlegene Strände erreichen.
Diese Geschwindigkeit erreichen die Riesenwellen aber nur dort, wo das Meer am tiefsten ist. Bei 7.000 Metern Wassertiefe bringt ein Tsunami tatsächlich 900 Kilometer in der Stunde auf den Tacho der Wellenforscher. Je näher die Wellen allerdings der Küste kommen, desto langsamer werden sie. Bei zehn Meter Wassertiefe ist ein Tsunami nur noch etwa 36 Kilometer pro Stunde schnell, erklärt Dr. Peter Bormann vom Deutschen Geoforschungszentrum in einem Informations-Papier zu Tsunamis. Allerdings schieben sich dann die Wassermassen im flachen Küstenbereich zu riesigen Wellenbergen zusammen.
Auf hoher See sind die Wellen sehr langgestreckt. Zwischen zwei Wellenbergen können mehrere hundert Kilometer liegen. Je niedriger das Meer ist, desto weniger Platz haben die Wassermassen, um sich so auszubreiten: Die Wellen werden höher, die Wellenkämme rücken dichter zusammen. Mit mehreren zehn Metern Höhe laufen die Wellen dann an den Küstengebieten auf und können kilometerweit ins Landesinnere laufen. Die meisten Tsunamis schaffen es allerdings nur wenige hundert Meter.
Erdbeben sind der häufigste Grund
Das höchste Tsunami-Risiko besteht wegen der großen Aktivität der Erdkruste rings um den Pazifik. Dort treffen die ozeanische Erdkruste und Kontinentalplatten aufeinander. Dabei entstehen Spannungen, die sich in Erdbeben entladen. Nach Angaben des Deutschen Geoforschungszentrums verursachen allerdings nur 10 bis 20 Prozent aller Erdbeben mit einer Stärke von über 6,5 auf der Richter-Skala überhaupt Tsunamis, und nicht immer sind die Folgen tatsächlich verheerend. Allerdings beeinflussen auch der Küstenverlauf, das Profil des Meeresbodens im flachen Wasser, Ebbe und Flut und andere Eigenschwingungen des Wassers, mit welcher Macht ein Tsunami zuschlägt. Bei einer Welle vor Japan am 12. Juli 1993 wurden beispielsweise an der Küste von Hokkaido und an einer vorgelagerten Insel unterschiedliche Wellenhöhen zwischen einem und 32 Metern gemessen.
Die große Mehrheit aller Tsunami entsteht durch Erdbeben. Andere Gründe, beispielsweise abrutschende Erdkanten oder Vulkanausbrüche, sind eher selten. Frühwarndienste versuchen mit Sensorbojen, Computern und Satelliten betroffene Gebiete rechtzeitig vor möglichen Riesenwellen zu warnen, indem sie die Erdbebenaktivität messen. Ein sicheres Zeichen für die Küstenbewohner ist allerdings laut Bormann auch das schnelle Absinken oder Ansteigen des Meeresspiegels innerhalb weniger Minuten. Bei dem großen Tsunami vor fünf Jahren sank der Meeresspiegel an der Küste Thailands um mehrere Meter, bevor die Welle kam. Das sei aber nicht als Warnsignal wahrgenommen, sagt Bormann: "Wäre dieser Zusammenhang allgemein bekannt gewesen und hätten die Menschen an der Küste daraufhin sofort die Flucht in höher gelegene Bereiche des Hinterlandes ergriffen, dann wären viele tausend Menschenleben gerettet worden."
Mit Frühwarnsystemen Menschenleben retten
Tsunami sind vergleichsweise selten. Bormann fasst in dem Informationspapier die Ergebnisse der Tsunami-Datenbank des Geoforschungszentrums zusammen und stellt fest, dass es in den vergangenen hundert Jahren nur etwa 10 dieser Ereignisse im Jahr gab, "von denen aber nicht mehr als ein bis zwei, manchmal sogar nur einer in zwei Jahren, Schäden verursacht haben." Das liegt daran, dass Wellenhöhen bis zu zwei Metern in der Regel keine Schäden verursachen, schreibt der Forscher. Dennoch warnt das Papier davor, die Wellen zu unterschätzen. Vor fünf Jahren starben bei der Tsunami-Katastrophe am 26. Dezember 2004 in Südostasien mehr als 230.000 Menschen.
Mit der internationalen Frühwarnung vor Tsunamis befasst sich maßgeblich das "Pacific Tsunami Warning Centre" auf Hawaii, das seismische Daten von mehr als 150 Messstationen zurückgreift und damit nach Erdbeben entsprechende Tsunami-Warnungen herausgibt. Viele betroffene Länder haben eigene Warnsysteme. Für Indonesien gibt es seit 2008 ein unter deutscher Leitung aufgebautes System, dass vor einer Wiederholung der Katastrophe von Weihnachten 2004 schützen soll. Auch das Bundesministerium für Forschung und Bildung informiert über die Riesenwellen.
Hanno Terbuyken ist Redakteur bei evangelisch.de und betreut unter anderem das Ressort Umwelt & Wissen.
Das Stichwort zum Tsunami lief zum ersten Mal am 30. September 2009 auf evangelisch.de.