Friedensforscher fordern Aufnahme von 200.000 syrischen Flüchtlingen

Foto: dpa/Nabil Mounzer
Syrisches Flüchtlingscamp in Ketermaya, Libanon.
Friedensforscher fordern Aufnahme von 200.000 syrischen Flüchtlingen
Die Lage der syrischen Bevölkerung in dem Bürgerkriegsland scheint auswegslos. Wissenschaftler fordern, dass Deutschland mehr Flüchtlinge aufnimmt und seine humanitäre Hilfe verstärkt. Bei Rüstungsexporten mahnen sie zur Zurückhaltung.

Führende Friedens- und Konfliktforscher habe an die Bundesregierung appelliert, mindestens 200.000 syrische Flüchtlinge in Deutschland aufzunehmen. Die bisherige Aufnahmepolitik in der EU und in Deutschland sei skandalös, erklärten die Wissenschaftler bei der Vorstellung des Friedensgutachtens 2014 am Dienstag in Berlin. Nur wenn die Bundesregierung mit gutem Beispiel vorangehe, würden auch andere Staaten folgen und Flüchtlinge aus dem Bürgerkriegsland aufnehmen. Auch der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Christoph Strässer (SPD), sprach sich für schnelle Hilfen aus.

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Nach Ansicht der Forscher ist es außerordentlich schwierig, direkt auf die beteiligten Gruppen im Syrien-Konflikt einzuwirken. Die Lage in dem Land sei extrem komplex und die Zusage zur Abrüstung von Chemiewaffen die einzige Erfolgsmeldung. Daher liege der Schwerpunkt nun auf der Ausweitung der humanitären Hilfe. Eine Möglichkeit sei eine Luftbrücke zum Transport von Nahrungsmitteln oder Medikamenten in die als weniger gefährlich eingestuften Regionen des Landes. Am Dienstag war die syrische Bevölkerung aufgerufen, einen neuen Präsidenten zu wählen. Es gilt als sicher, dass der jetzige Machthaber Baschar al-Assad im Amt bestätigt wird.

Die Wissenschaftler forderten die Bundesregierung zudem auf, ihre finanzielle Unterstützung auszuweiten. Bisher hat Deutschland mehr als 500 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Nach Angaben des Bundesinnenministeriums haben rund 40.000 Syrer bisher in Deutschland Zuflucht gefunden. Zurzeit laufen Verhandlungen zwischen Bund und Ländern, ob und wie Aufnahmekontingente ausgeweitet werden können.

Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Christoph Strässer (SPD), sprach sich für eine unbürokratische und schnelle Aufnahme syrischer Flüchtlinge aus. "Wir müssen den Menschen helfen", sagte Strässer am Dienstag im SWR. "Wenn wir schon politisch keine Lösung anbieten können, müssen wir wenigstens humanitär dafür sorgen, dass so viele Menschen wie möglich dieses Desaster überleben."

Institute verlangen restriktivere Rüstungsexportpolitik

Würden mehr Flüchtlinge in Deutschland und anderen EU-Staaten aufgenommen werden, würde das auch die Nachbarstaaten Syriens entlasten, erklärten die Friedensforscher. "Die Flüchtlinge überfordern die Ländern", sagte Janet Kursawe, Wissenschaftlerin am Institut für Entwicklung und Frieden in Duisburg. Zudem habe sich die Lage für die Syrer in den Staaten, in denen sie Zuflucht gefunden haben, deutlich verschlechtert. Als Beispiel nannte Kursawe Ägypten. Dort seien die Flüchtlinge zunehmend Anfeindungen ausgesetzt.

Scharfe Kritik äußerten die Forscher an der Rüstungsexportpolitik der Bundesregierung. "Wirtschaftliche Argumente für den Export von Kriegsgütern reichen nicht aus", sagte Marc von Boemcken vom Bonn International Center for Conversion (BICC). Die Wissenschaftler sprachen sich für eine restriktivere Exportpolitik aus und forderten eine Debatte vor allem über Lieferungen in Drittstaaten wie Saudi-Arabien.

In diesem Zusammenhang kritisierten die Forscher auch die Strategie der Europäischen Union, mit Waffen und Ausbildung afrikanische Staaten zu "ertüchtigen". Häufig vergesse man dabei, wie instabil die Staaten seien. Das Risiko sei hoch, dass die Waffen in Hände fallen, wo man sie nicht sehen will.

Das Friedensgutachten ist eine gemeinsame Stellungnahme von fünf deutschen Friedens- und Konfliktforschungsinstituten. Beteiligt sind das Bonn International Center for Conversion (BICC), die Forschungsstätte der evangelischen Studiengemeinschaft (FEST), das Institut für Entwicklung und Frieden (INEF), das Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik der Universität Hamburg und die Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung.