Die Russische Orthodoxe Kirche fordert ein Referendum über die Wiedereinführung eines Verbots homosexueller Handlungen. "Die Mehrheit unseres Volkes und nicht irgendwelche äußeren Mächte sollten entscheiden, welche Handlung strafbar ist und welche nicht", zitiert die Tageszeitung "Iswestija" (Freitagsausgabe) Kirchensprecher Wsewolod Tschaplin. Tschaplin reagierte damit auf eine umstrittene Initiative des russischen Schauspielers und ehemaligen Geistlichen Iwan Ochlobystin. Die russische Gesellschaft gilt als mehrheitlich homophob.
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Er sei für eine vollständige Eliminierung homosexueller Kontakte in der Gesellschaft, sagte Tschaplin. "Wenn dies mit Mitteln moralischer Überzeugung gelingt, um so besser, wenn dafür die Einschaltung von Gesetzen nötig ist, dann lasst uns die Menschen befragen, ob sie dazu bereit sind", sagte Tschaplin, der als einer der einflussreichsten Kirchenfunktionäre unter Patriarch Kyrill I. gilt.
Wenige Tage zuvor hatte Ochlobystin in einem offenen Brief an Präsident Wladimir Putin die Wiedereinführung der Strafbarkeit für homosexuelle Handlungen gefordert, wie sie in der sowjetischen Verfassung von 1934 bis 1993 festgeschrieben war. Für den Fall, dass die Einführung des Gesetzes nicht in der Kompetenz Putins liege, schlug Ochlobystin ebenfalls ein Referendum zu der Frage vor.
Einem Bericht des Meinungsforschungsinstituts Lewada-Zentrum halten die Russen Homosexualität für eine Krankheit, die geheilt werden muss (34 Prozent), die Folge schlechter Erziehung (23 Prozent) oder das Ergebnis von Unzucht (17 Prozent). Nur 16 Prozent der Befragten sehen die sexuelle Orientierung als angeboren an. Im Sommer 2013 unterzeichnete Präsident Putin ein Gesetz, dass "homosexuelle Propaganda" unter Minderjährigen verbietet. Positive Äußerungen über Homosexualität in der Anwesenheit von Minderjährigen oder über die Medien stehen seitdem unter Strafe.