WTO einigt sich in Bali auf weltweites Freihandelsabkommen

WTO einigt sich in Bali auf weltweites Freihandelsabkommen
Die Welthandelsorganisation (WTO) hat erstmals in ihrer Geschichte ein umfassendes multilaterales Freihandelsabkommen beschlossen. Der Durchbruch in Bali gelang mit einem Kompromiss zur umstrittenen Frage der Ernährungssicherheit.

"Erstmals ist es uns gelungen, die Erwartungen zu erfüllen und einen Vertrag unter Dach und Fach zu bringen", sagte WTO-Chef Roberto Azevêdo zum Abschluss der 9. Ministerkonferenz am Samstag. Damit ist das sogenannte Bali-Paket verabschiedet. Es umfasst drei Teilaspekte der 2001 in Doha gestarteten Verhandlungsrunde: Handelserleichterungen durch vereinfachte Zollrichtlinien, Veränderung der Subventionsrichtlinien im Agrarbereich und Sonderregelungen für die ärmsten Staaten. Die Umsetzung des Abkommens bedeute für den Welthandel eine Kostenersparnis in Höhe von mehreren hundert Milliarden US-Dollar jährlich, sagte Azevêdo.

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Es ist das erste weitreichende multilaterale Freihandelsabkommen, das seit der WTO-Gründung 1995 verabschiedet wurde. Die Delegationen aus 159 Mitgliedstaaten wendeten damit im indonesischen Bali die Gefahr ab, dass die Welthandelsorganisation als Regulierungsinstanz des Welthandelsinfrage gestellt wird.

Der Kompromiss in der bis zuletzt umstrittenen Frage der Ernährungssicherheit sieht vor, dass Indien eine Ausnahmeregelung für Agrarsubventionen eingeräumt wird. Indien beharrt darauf, dass sein Programm zur Ernährungssicherheit mit staatlich festgelegten Preisenfür Käufee und Verkäufe nicht unter das bisher gültige Subventionsverbot der WTO fallen darf. Industriestaaten und auch einige Schwellenländer sehen darin marktverzerrende Subventionen, die ihre Exporte beeinträchtigen und auch den inländischen Markt betreffen könnten.

Ausnahmen für Indien

Indien setzte durch, dass es keine zeitliche Beschränkung für sein Programm zur Hungerbekämpfung geben darf. Zwar sieht die Einigung lediglich eine Interimslösung vor, die bis zur WTO-Konferenz in vier Jahren in einen neuen Regelvertrag münden soll. Sollte ein Konsens nicht erreicht werden, hätte die Interimslösung aber weiterhin bestand.

Zugleich setzt die Einigung solchen Programmen zur Ernährungssicherheit enge Grenzen. So darf Indien sein Programm, mit dem Hunderte Millionen Menschen insbesondere in Krisenzeiten mit günstigen Grundnahrungsmitteln versorgt werden sollen, nicht auf eine breitere Palette von Lebensmitteln ausweiten. Außerdem gilt die Ausnahmeregel nur für schon bestehende Programme. Damit verhindert die WTO, dass weitere Länder ähnliche Schritte gehen. Zudem wird das indische Programm strengen Kontrollen unterworfen.

Biraj Patnaik von dem indischen NGO-Netzwerk "Right to Food Campain" bezeichnete den Kompromiss als unzureichend. Dass die WTO weiteren Ländern verbiete, durch staatliche Maßnahmen gegen Hunger und Unterernährung vorzugehen, sei "eine Bankrotterklärung des Freihandels".

Das Abkommen soll erst der Anfang sein

Die Einigung auf das Bali-Paket wurde insbesondere von den Industriestaaten und Unternehmensverbänden begrüßt. Sie versprechen sich durch den Abbau von kostenintensiven bürokratischen Handelshindernissen neuen Schwung für den globalen Handel. Vertreter der Zivilgesellschaft kritisierten, dass die ebenfalls beschlossenen Finanz- und Entwicklungshilfen für die ärmsten Staaten weder verbindlich noch ausreichend seien.

Azevêdo betonte, dass der Bali-Konsens erst der Anfang sei. In den kommenden Jahren werde die WTO alles dafür tun, die verbleibenden Themen der Doha-Runde in multilateralen Abkommen zu fixieren. Dabei geht es unter anderem um Zollsenkungen für Industrie- und Agrarprodukte sowie den Handel mit Dienstleistungen.