###mehr-artikel###Schüler mit Migrationshintergrund kommen in Deutschland oft erst auf Umwegen zu höheren Bildungsabschlüssen. Das ist eines der Ergebnisse der Studie "Bildung, Milieu, Migration" der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, die am Mittwoch in Berlin präsentiert wurde. Demnach werden von der Grundschule bis zum Studium die Potenziale von Kindern mit Migrationshintergrund systematisch unterschätzt. Oft dauere es Jahre, bis die Fähigkeiten der Schüler erkannt und die richtigen Weichenstellungen erfolgen würden.Gründe für den verzögerten Bildungsweg seien die häufig mangelnden Kenntnisse der Eltern über den Aufbau des deutschen Bildungssystems sowie bestehende Vorurteile bei Schulen und Behörden, hieß es. Hinzu kämen oft mangelhafte Sprachkenntnisse der Schüler oder eine Zurückstufung der Schulklassenzugehörigkeit, wenn die Zuwanderung während der Schullaufbahn erfolgt.
Falsche Schulen und Studienfächer
Als Folge würden diese Schüler häufig zuerst auf falsche Schulen geschickt oder die falschen Studienfächer wählen. "Das führt oft zu verlorenen Jahren, verlorenen Ressourcen und verlorenen Kapital", sagte die Projektleiterin der Studie, Meral Cerci, von der Universität Düsseldorf. Zugleich wies die Forscherin darauf hin, dass sich Migranten in Deutschland für ihre Kinder meist Schulklassen mit niedrigem Migranten-Anteil wünschen. Gehofft werde, dass die Schüler in Klassen mit weniger kultureller Vielfalt im Bildungsverlauf besser unterstützt würden, erklärte Cerci.
Der eigene Migrationshintergrund sowie die der Kinder werde zudem statt als Bereicherung oft als Defizit und Problem betrachtet. Vor allem auch Lehrer sollten stärker als bislang auf die Potenziale schauen, die Kinder durch ihre ausländischen Wurzeln mitbringen, forderte Heiner Barz, Abteilungsleiter an der Philosophischen Fakultät der Universität Düsseldorf.
Förderung der Eltern ist wichtig
Die Studie macht auch deutlich, dass zugewanderte Eltern oft große Anstrengungen unternehmen, um ihren Kindern eine bessere Bildung zu ermöglichen. Vielen fehle es allerdings an Geld für Nachhilfe sowie an dem Wissen darüber, wie sie ihre Kinder in der Schule am besten helfen können. "Deshalb ist die Förderung dieser Eltern eine der wichtigsten Aufgaben für uns als Gesellschaft und auch für die neue Bundesregierung", sagte der Geschäftsführer der Vodafone Stiftung, Mark Speich.
Kritisiert wurde, dass in bisherigen Leistungsvergleichen wie etwa dem am Dienstag vorgestelltem PISA-Test immer noch von "den Migranten" gesprochen werde. Es gebe keine einheitliche Gruppe von Migranten, betonte der Leiter des Kompetenzzentrums Bildung bei der Mercator-Stiftung, Winfried Kneip. Vielmehr handele es sich um eine heterogene Gruppe, für die unterschiedliche Förderprogramme nötig seien. Der Düsseldorfer Bildungsforscher Barz verwies darauf, dass die Wissenschaft mittlerweile acht soziale Milieus bei Menschen mit ausländischen Wurzeln unterscheide.
Die Studie war im Auftrag der Vodafone Stiftung und der Stiftung Mercator erstellt worden. Für den am Mittwoch vorgestellten ersten Zwischenbericht wurden 120 Einzelinterviews ausgewertet. Im kommenden Jahr soll die Studie mit einer Repräsentativerhebung fortgesetzt werden.