Russland verstoße gegen seine Kooperationspflicht, weil es bestimmte Informationen zu dem Massaker nicht herausgeben wolle, erklärte die Große Kammer des Straßburger Gerichtshofes am Montag. 2012 hatte eine einfache Kammer neben der Kooperations-Verweigerung noch eine "menschenunwürdige Behandlung" einiger Opferfamilien gerügt. Die russischen Behörden verhielten sich gegenüber den Auskunft suchenden Angehörigen extrem abweisend, so die Richter damals. (AZ: 55508/07 und 29520/09)
Die sowjetische Geheimpolizei hatte im April und Mai 1940 rund 22.000 polnische Bürger erschossen, nachdem die Rote Armee in Polen einmarschiert war. In Straßburg geklagt hatten 15 Hinterbliebene, die eine bessere Aufklärung der Geschehnisse fordern. Sie waren nach dem ersten Urteil selbst in Berufung gegangen, müssen nun aber einen schwächeren abschließenden Richterspruch hinnehmen.
Menschenrechtsgerichtshof tut sich schwer mit Katyn-Fall
Das Zurückrudern erklären die Richter damit, dass die russischen Behörden den Tod der Katyn-Opfer offiziell anerkannt hätten. Von einer menschenunwürdigen Behandlung sei eher zu sprechen, wenn das Schicksal der Opfer ungewiss sei und die Behörden sich gegenüber den Auskunftsbitten der Angehörigen sehr gleichgültig zeigten, hieß es.
Der Menschenrechtsgerichtshof tut sich seit jeher schwer mit der Behandlung des Katyn-Falles, weil er so weit in die Vergangenheit reicht und Russland die Europäische Menschenrechtskonvention erst 1998 ratifiziert hatte. Es sei rechtlich nicht bevollmächtigt, Verstöße gegen das "Recht auf Leben" im Zusammenhang mit den Katyn-Geschehnissen und ihrer Aufarbeitung zu untersuchen, erklärte das Europa-Gericht am Montag unter anderem.