Als Bibel TV Sie vor gut zehn Jahren fragte, ob Sie den Sender aufbauen wollen, waren Sie Fernsehdirektor beim MDR, davor Chefredakteur von ARD-aktuell. Bibel TV war ein Experiment. Was hat Sie damals überzeugt?
Henning Röhl: Die Anfrage Bibel TV mit zu gründen, kam erst, als ich schon angekündigt hatte, meinen Vertrag beim MDR in Leipzig nicht zu verlängern. Nach einigem Zögern habe ich dann das Angebot angenommen. Zwei Dinge waren für mich entscheidend: Zum einen die damals herrschende digitale Euphorie, die neuen digitalen Sender reizten mich. Zum anderen die Inhalte: ich habe aus meinem christlichen Glauben nie einen Hehl gemacht hatte und fühlte mich bei diesen Inhalten auch sehr zu Hause. Aus diesen beiden Gründen habe ich dann schließlich ja gesagt, als mich der Initiator von Bibel TV, Norman Rentrop, fragte.
War es eine Berufung für Sie?
Röhl: Ich weiß nicht, ich bin mit diesem Wort immer ein bisschen zurückhaltend. Eigentlich wollte ich mich ja hier oben an der Nordsee, wo ich wohne, niederlassen und ein Buch über die deutsche Romantik schreiben - doch dann kam Bibel TV dazwischen. Es war auf jeden Fall eine Änderung meines Lebensweges.
###mehr-links###
Was hat Bibel TV den Zuschauern zu sagen? Was ist Ihre Vision dabei?
Röhl: Im Mittelpunkt des Senders steht zunächst einmal ein Buch, nämlich die Bibel. Und die Bibel hat ja unheimlich viel zu sagen. Wir wollen in einer immer mehr säkularisierten Welt über Medien von heute versuchen, das Evangelium wieder in den Mittelpunkt zu stellen. Das ist nicht immer sehr einfach, aber es funktioniert. Es wird auch von den Zuschauern - was ich damals vor über zehn Jahren so nicht geglaubt hätte - in einem ungeheuren Maße angenommen.
Wie christlich müssen die Journalisten sein, die bei Bibel TV arbeiten? Schauen Sie denen hinter die Stirn?
Röhl: Wir schauen nicht hinter die Stirn. Aber ich weiß: Jemand, der sich nicht mit dem identifiziert, was wir machen, wird sich bei uns gar nicht erst bewerben. Es gehört schon ein christliches Bekenntnis dazu. Man muss aber nicht Mitglied einer Landeskirche sein, man kann in einer Freikirche sein, und wir haben selbstverständlich auch katholische Kollegen und hatten auch eine jüdische Kollegin.
Sie sind Geschäftsführer und wirken gleichzeitig als Moderator am Programm mit. Beißt sich das nicht?
Röhl: Das beißt sich nicht, schon gar nicht, wenn man so arm ist wie Bibel TV. Bibel TV ist ja ein sehr armer Sender. Aber – und das ist das Großartige – er wird von seinen Zuschauern unmittelbar durch ihre Spenden unterhalten. Wir leben also nicht von Steuern oder Gebühren. Das meiste Spendengeld geben wir für die Verbreitung aus - für das Programm bleibt relativ wenig übrig.
Und ich bin nun einmal ein sehr der kostengünstiger Mitarbeiter, weil ich für die Moderation nichts bekomme, und mein Geschäftsführergehalt ist auch eher eine Aufwandsentschädigung. Früher bin ich fast nie vor die Kamera gegangen, ganz bewusst nicht. Aber bei Bibel TV hat sich das so ergeben, und es macht mir auch viel Spaß und kommt offensichtlich bei den Zuschauern an.
###mehr-artikel###
In Ihrem Lebenslauf auf der Bibel TV-Internetseite steht, dass Sie die meisten Zuschauer mit Namen kennen. Das hört sich nach einer recht kleinen Gruppe an…
Röhl: Steht das da wirklich?
Ja - es geht um den Tag der Offenen Tür: Da steht, dass die Leute kommen und Sie die meisten beim Namen kennen…
Röhl: Ich halte sehr engen Kontakt zu den Zuschauern, das ist schon richtig. Ich habe eine Sendung, in der ich auf Zuschauerpost eingehe. Das gibt es in deutschen Medien - glaube ich - in der Form überhaupt nicht mehr. Einmal im Monat beantworte ich Zuschauerbriefe im Programm. Ich bekomme auch sehr viele Briefe und habe viel Kontakt zu unseren Zuschauern und Spendern. Das gehört bei einem solchen Sender dazu.
Bibel TV ist zu einer Art Bürgerinitiative geworden, zu einer sehr großen Gemeinde. Ich war einmal Unterhaltungskoordinator der ARD und Chefredakteur der Tagesschau. Bei keiner der Sendungen, die ich dort zu verantworten hatte, habe ich so viele und inhaltsreiche Briefe bekommen wie bei Bibel TV. Natürlich kenne ich viele Zuschauer, aber es ist nicht so, dass ich jeden beim Namen kenne.
Wie viele sind es denn tatsächlich?
Röhl: Wir haben allein an festen Spendern im Jahr etwa 42.000. Unsere technische Reichweite liegt bei 30 bis 40 Millionen. Und die Zuschauerzahl liegt täglich bei etwa 300.000. Mit stark wachsender Tendenz. Die kann man ohnehin nicht mit Namen kennen
Wenn Sie auf die Entwicklung des Senders zurückblicken: Was hat sich verbessert in den zehn Jahren?
Röhl: Es ist eine ganz erstaunliche Entwicklung gewesen. Als wir angefangen haben, kannte kaum jemand Bibel TV und es konnte kaum jemand Bibel TV empfangen. Heute ist der Sender für Viele ein Begriff. Die technische Reichweite ist in Ballungsräumen immer noch problematisch, weil wir nur schwer Zugang in das analoge Kabel finden. Deutschland ist in der technischen Fernsehverbreitung immer noch nicht weit von Ländern wie Rumänien entfernt. Aber es gibt Möglichkeiten, Bibel TV fast überall zu empfangen.
###mehr-info###
Wir haben eine ganz treue Zuschauer- und Freundesgemeinde, die in die Hunderttausende geht. Und das sind längst nicht nur Kirchenmitglieder. Unser Programmheft zum Beispiel, das wir einmal im Monat verschicken, hatte am Anfang eine Auflage von 2000, und wir waren froh, also wir 10.000 erreicht hatten. Heute liegen wir bei 190.000 im Monat mit weiter steigender Tendenz. Dazu gehört auch, dass das Zuschauer- und Spendenaufkommen von Bibel TV von Jahr zu Jahr zwischen 15 und 20 Prozent steigt. Das ist schon enorm. Es hat sich über die Konfessionen hinweg eine große Gruppe von "Fans" von Bibel TV entwickelt.
Was würden Sie anders machen, wenn Sie jetzt die Zeit zehn Jahre zurückschrauben könnten?
Röhl: Es war für Deutschland ein sehr neuer Weg, einen christlichen Sender aufzubauen. Deshalb haben wir sicher auch Fehler gemacht, aber unsere grundsätzliche Linie war an Anfang an vorgegeben und davon wollten wir auch nicht abweichen: Im Mittelpunkt des Programms steht das Evangelium. Bibel TV hat ein gutes Verhältnis zu den beiden großen Kirchen in Deutschland und zu den Freikirchen. Aber wir sind ein überkonfessioneller Sender. Wir wollen auch kein Kirchenersatz sein, sondern verstehen uns allenfalls als Ergänzung. Immer weniger Menschen in unserem Land kommen noch mit der Bibel und ihren Inhalten in Berührung. Bibel TV macht das Angebot, sich mit diesen Inhalten näher zu beschäftigen. Offensichtlich haben wir dabei auch einen gewissen Erfolg.