Rörig forderte am Donnerstag in Berlin, die Verjährungsfrist solle nicht vor dem 30. Lebensjahr beginnen. Betroffene seien oft erst in ihrer Lebensmitte in der Lage, strafrechtlich gegen die Täter vorzugehen, sagte er bei einem Experten-Hearing, auf dem über Chancen und Risiken verlängerter Strafverfolgungsmöglichkeiten debattiert wurde.
###mehr-artikel###Rörig zufolge reichen die gesetzlichen Regelungen nicht aus, die die Koalition verabschiedet hat. Union und FDP hatten als Reaktion auf die Missbrauchsskandale die Verjährungsfristen bei Schadenersatz- und Schmerzensgeldlagen deutlich von drei auf dreißig Jahre verlängert. Im Strafrecht beginnt die Verjährung künftig mit dem 21. Lebensjahr, bisher war es das 18. Lebensjahr.
Rörig sagte, im Strafrecht würden "keine Verbesserung für die Betroffenen erreicht". Die Debatte um längere Verjährungsfristen müsse neu geführt werden.
Der Richter am Bundesgerichtshof, Wolfgang Pfister, äußerte sich skeptisch. Es bestehe die Gefahr, dass eine Verlängerung der Verjährung zu Enttäuschungen für die Opfer führe. Verfahren, die sehr lange nach der Tat stattfinden, würden voraussichtlich häufiger mit Freisprüchen als mit Verurteilungen enden. Pfister sagte, nach Jahrzehnten sei es für einen Richter äußerst schwierig, alle vorgebrachten Details zu bewerten. Dies gelte sowohl für die Aussage des Opfers als auch die Verteidigung des mutmaßlichen Täters.
Betroffenen-Vertreter äußerten sich unterschiedlich. Eine Mehrheit ist für die Verlängerung der Verjährungsfristen im Strafrecht. Angelika Oetken vom Netzwerk "Sexualisierte Misshandlung" sagte, Menschen, die als Kinder missbraucht worden seien, brauchten sehr viel Kraft und Zeit, um sich Recht zu verschaffen. Ihnen könnten längere Verjährungsfristen helfen. Christian Bahls vom Verein MOGiS erklärte hingegen, die gesetzlichen Fristen reichten aus. Sie müssten aber durch eine Regelung ergänzt werden, die es Betroffenen ermögliche, im Einzelfall auch nach der gesetzlichen Verjährungsfrist noch ein Verfahren anstrengen zu können.