TV-Tipp des Tages: "Die Frau von früher" (Arte)

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TV-Tipp des Tages: "Die Frau von früher" (Arte)
TV-Tipp des Tages: "Die Frau von früher", 7. Juni, 22.35 Uhr auf Arte
Die Ausstattung ist ähnlich karg wie eine leere Bühne, so dass man sich voll und ganz auf die formidablen Darbietungen der formidablen Schauspieler konzentrieren kann. Sie lassen im Nu vergessen, wie konstruiert und theaterhaft die Handlung im Grunde ist.

Tatsächlich basiert der Film "Die Frau von früher" auf dem gleichnamigen Drama von Roland Schimmelpfennig. Schon das Stück irritiert durch ein reizvolles Spiel mit Realität und Wirklichkeit. Drehbuchautor Stefan Kolditz hat dies in seiner Adaption noch zugespitzt. Gerade die Zeitsprünge sorgen zunächst für Verwirrung, sind aber ein ausgesprochen reizvolles Stilmittel, um die Ereignisse aus unterschiedlichen Perspektiven zu zeigen. Die Vorgehensweise ist dabei stets die gleiche: Die Hauptfiguren nehmen einen Dialog oder die Zuspitzung einer Szene vorweg, um anschließend quasi in Rückblende zu zeigen, wie es soweit kommen konnte.

Die erste große Liebe kehrt zurück

Die Geschichte beschreibt die letzten 24 Stunden im Leben einer Familie, die dabei ist, nach Kanada auszuwandern. Die Möbel sind bereits weg, die Wohnung ist leer, als plötzlich die "Frau von früher" vor der Tür steht: Romy (Ursina Lardi) war einst einen Sommer lang die erste große Liebe von Frank (Devid Striesow) und will ihn nun wiederhaben. Franks Frau Claudia (Anna Loos) nimmt die Sache zunächst nicht weiter ernst und freut sich, mehr über Franks Vergangenheit zu erfahren, doch dann spitzen sich die Ereignisse auf derart dramatische Weise zu, dass am Ende einige der Hauptfiguren buchstäblich auf der Strecke bleiben werden.

Schon der in Schwarzweiß gehaltene Prolog nimmt die Lakonie, mit der Andreas Kleinert die Geschichte erzählt, vorweg. Ein Blatt Papier, das im Durchzug flattert, ein geöffnetes Fenster: Mehr braucht es nicht, um zu vermitteln, dass sich ein Mann das Leben genommen hat. Dieser Selbstmord war der Anlass für die Ausreise nach Kanada: Anlageberater Frank hat den Mann in den Ruin und somit in den Tod getrieben, auch wenn man viel später erfährt, dass sich die Dinge etwas anders abgespielt haben; ein weiterer Beleg für die grimmige Ironie der Handlung.

Unerwarteter Humor

Allem Drama zum Trotz verblüfft der Film ohnehin immer wieder mit unerwartetem Humor: Nachdem Romy von Alex (Jonas Ney), dem Sohn des Paars, angefahren worden ist, nimmt "Die Frau von früher" fast Züge einer Komödie im Stil des Hitchcock-Klassikers "Immer Ärger mit Harry" an, weil Frank und Claudia nicht wissen, was sie mit der Leiche anfangen sollen. Romy ist allerdings gar nicht tot, worüber sich vor allem Alex freut; wenn auch nicht lange.

###mehr-personen###Selbst wenn sich die Handlung überwiegend in der leeren Wohnung zuträgt, weshalb der Film fast zwangsläufig über weite Strecken zum Kammerspiel wird: Die großartige Bildgestaltung durch Johann Feindt lässt das Drama nie wie abgefilmtes Theater wirken. Dafür sorgt auch eine schlichte, aber wirkungsvolle Farbdramaturgie, die das Dasein von Frank und Claudia kühl und grau wirken lässt, während Romy mit ihrer signalroten Jacke stets von Wärme und Lebensfreude umgeben zu sein scheint. Trotzdem sind es vor allem die Leistungen der drei Hauptdarsteller, die "Die Frau von früher" zu einem besonderen Film machen. Gerade Devid Striesow und Anna Loos sind als Ehepaar, dessen mühsam aufrecht erhaltene Beziehungsfassade regelrecht weggesprengt wird, herausragend, und auch Ursina Lardi war eine glänzende Wahl für die Rolle der Frau, die wie ein Katalysator all das zum Vorschein bringt, was Frank und Claudia erfolgreich verdrängt haben.