Neonazi-Forscher: Anschlag wie in Solingen auch heute möglich

Neonazi-Forscher: Anschlag wie in Solingen auch heute möglich
Ein ausländerfeindlicher Brandanschlag wie vor 20 Jahren in Solingen ist nach Einschätzung des Rechtsextremismusforschers Fabian Virchow auch heute möglich.
20.05.2013
epd
Katrin Nordwald

Die Gewaltbereitschaft sei unter extremen Rechten weiterhin sehr hoch, sagte der Leiter des Forschungsschwerpunkts Rechtsextremismus/Neonazismus an der Fachhochschule Düsseldorf dem Evangelischen Pressedienst (epd). In der rechtsextremen Ideologie sei die Vorstellung verbreitet, dass die Zuwanderung nach Deutschland "zu einer Situation des Bürgerkriegs" führe, in der "als Notwehrhandlung" auch Gewalt gerechtfertigt sei.

Rechtsgerichtete Gewalt und Kriminalität auf hohem Niveau

Nach der rassistischen Gewaltwelle Anfang der 90er Jahre mit einer Serie von Anschlägen haben sich rechtsgerichtete Gewalt und Kriminalität laut Virchow auf hohem Niveau stabilisiert. Auch wenn die Zahl der rechtsextrem motivierten Brandstiftungen nach 1993 zurückgegangen sei, gebe es Gewalt gegen Ausländer bis heute immer wieder.

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In "erheblichen Teilen" der Bevölkerung, auch bei ökonomisch "Bessergestellten", seien zudem rassistische, antisemitische, nationalistische und chauvinistische Einstellungen anzutreffen. Die große Verbreitung fremdenfeindlicher Einstellungen führt der Experte auch darauf zurück, "dass die Themen Einwanderung und Asyl über Jahrzehnte als Belastung oder gar Bedrohung der Gesellschaft dargestellt wurden".

Gestiegen ist dem Forscher zufolge in den vergangenen zwei Jahrzehnten die Aufmerksamkeit gegenüber rassistisch motivierter Gewalt. "In den frühen 90er Jahren wurden solche Taten von verschiedenen Parteivertretern häufig noch politisch verharmlost", erläuterte Virchow. Erst nach den ausländerfeindlichen Anschlägen in Mölln und Solingen seien solche Straftaten konsequent als Mordversuche verfolgt worden. Auch die verschiedenen Bundesprogramme gegen Gewalt, Rassismus und Rechtsextremismus seien eine Reaktion auf die damalige Gewaltwelle.

"Nötig ist eine offenere, liberalere Migrations- und Asylpolitik"

Verbote von Parteien und Neonazi-Kameradschaften sind nach Ansicht des Soziologen kein geeignetes Mittel im Kampf gegen rechtsextreme Tendenzen: "Sie helfen so gut wie gar nicht bei der gesellschaftlichen Auseinandersetzung mit entsprechenden Einstellungen." Nötig sei vielmehr eine offenere, liberalere Migrations- und Asylpolitik. Außerdem müssten Präventionsprogramme verstärkt werden.

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Vor 20 Jahren, am 29. Mai 1993, hatten junge Neonazis das Haus einer türkischen Großfamilie in Solingen in Brand gesteckt. Fünf Mädchen und Frauen kamen dadurch ums Leben. Der Brandanschlag war der folgenschwerste in einer Reihe ausländerfeindlicher Übergriffe und Anschläge Anfang der 90er Jahre.