Käme es, "wäre das ein großer Rückschritt auf dem Wege, Familien- und Kinderpolitik in Deutschland auf die heutigen veränderten Lebensbedingungen zuzuschneiden", schreiben sie in einem Aufruf in der Wochenzeitung "Die Zeit" von diesem Donnerstag. Im Bundestag soll am Freitag eine Anhörung zu der von 2013 an geplanten Leistung stattfinden.
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Unterzeichnet haben den Appell auch etliche Wissenschaftler, die als Berater oder Gutachter für die Bundesregierung tätig sind, darunter der Familiensoziologe Hans Bertram und die Bildungsökonomin Katharina Spieß. Die 27 Wissenschaftler gehen mit dem geplanten Betreuungsgeld, über das gegenwärtig der Bundestag berät, scharf ins Gericht. Es werde Deutschland auf den "familienpolitischen Sonderweg" zurückführen, von dem sich das Land gerade zu lösen beginne.
Jahrzehntelang hätten Mütter mit kleinen Kindern wegen mangelnder Kinderbetreuung nicht berufstätig sein können. Väter hätten sich nicht an der Erziehung beteiligen können, da sie als Alleinverdiener für die Familie sorgen mussten. Mit dem Betreuungsgeld wachse die Gefahr, dass dieses Modell wieder an Boden gewinne. Für Frauen mit geringen Einkommen werde ein Anreiz gesetzt, nach der Elternzeit nicht in den Beruf zurückzukehren. Gerade für diese Frauen hänge aber die Einkommens- und Alterssicherung von der eigenen Berufstätigkeit ab, schreiben die Wissenschaftler.
Kein Nutzen für ärmere Kinder
Die Kinderbetreuung würde dann "primär von den einkommensstarken Familien genutzt", während Kinder aus einkommensschwachen Haushalten "von einer guten pädagogischen Qualität einer Kindertagesbetreuung nicht profitieren". Die für das Betreuungsgeld vorgesehenen Mittel sollten in den "absehbar unzureichenden" Ausbau der Kleinkindbetreuung gesteckt werden, verlangen die Forscher.
Vor zwei Wochen hatten - ebenfalls mit einem Aufruf in der "Zeit" - vier ehemalige Bundesfamilienministerinnen von Union und SPD dafür geworben, den Kita-Ausbau zu stärken und das Betreuungsgeld als "strukturell unwirksam, beschämend und diskriminierend für die Frauen" kritisiert.
Eltern sollen ab dem kommenden Jahr 100 Euro pro Monat erhalten, wenn sie ihr einjähriges Kind nicht in eine staatlich geförderte Kinderbetreuung geben. Von 2014 an soll es dann 150 Euro im Monat für ein- und zweijährige Kinder geben. Die Leistung ist unabhängig von der Berufstätigkeit der Eltern und der tatsächlichen Lebenssituation des Kindes. Sie richtet sich allein danach, ob eine in Anspruch genommene Kinderbetreuung öffentlich gefördert ist oder nicht.