Die Entscheidung über eine Aufnahme gefährdeter afghanischer Mitarbeiter der Bundeswehr in Deutschland zieht sich hin. Mit Blick auf den Abzug der Kampftruppen 2014 fordern Politiker unterschiedlicher Parteien Einreiseprogramme für bedrohte Helfer. Das Bundesinnenministerium will in Kürze über die Anträge von 27 afghanischen Ortskräften entscheiden, die nach Deutschland ausreisen wollen. Man sei sich der Verantwortung bewusst und wolle sich großzügig zeigen, hieß es am Montag aus dem Ministerium.
Dass die Sicherheitslage in Afghanistan unübersichtlich ist, darüber sind sich Verteidigungsministerium, Auswärtiges Amt und Innenministerium einig. Die Lage sei nicht rosig, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums. Rund 1.500 Afghanen sind für deutsche Soldaten im Einsatz. Die radikal-islamischen Taliban drohten bereits offen, Jagd auf "Kollaborateure" zu machen. Im Notfall kann die Bundeswehr den Mitarbeitern bei einem Umzug in eine andere Region in Afghanistan helfen. Die Ausreise nach Deutschland stehe an letzter Stelle, heißt es.
Strittig ist vor allem, nach welchen Kriterien eine Aufnahme afghanischer Übersetzer oder Fahrer in Deutschland erfolgen soll. "Wir brauchen eine Regelung, die den betroffenen Menschen gerecht wird und sie nicht im Stich lässt", sagte Stefan Rebmann (SPD), Mitglied im Entwicklungsausschuss des Bundestags und in der "Task Force Afghanistan" seiner Partei dem Evangelischen Pressedienst (epd). Auch die Mitarbeiter von nichtstaatlichen Organisationen müssten einbezogen werden. Nicht nur Bundeswehr-Mitarbeiter seien betroffen, auch für viele Hilfsorganisationen habe sich die Lage verschärft.
Keine Rasenmäherlösung
Die sicherheitspolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Elke Hoff, plädiert für ein schnelles Aufnahmeprogramm für afghanische Mitarbeiter, die ausreisen müssen. "Die regulären Verfahren dauern zu lange", sagte Hoff dem epd. "Es darf nicht sein, dass die Menschen in eine Art Bittstellerposition geraten und der deutschen Bürokratie ausgeliefert sind."
Ähnlich äußerte sich der Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses des Bundestags, Tom Koenigs (Grüne). "Uns verbindet ein persönliches, politisches und berufliches Verhältnis zu den afghanischen Ortskräften", sagte Koenigs, der 2006 und 2007 Leiter der UN-Mission in Afghanistan war. Er schlägt eine Art Greencard-Modell für eine bestimmte Anzahl an Mitarbeitern vor.
Für den verteidigungspolitischen Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Ernst-Reinhard Beck, hängt die Einschätzung der jeweiligen Risiken der einzelnen Afghanen von vielen Faktoren ab. "Eine Rasenmäherlösung für alle, die mit der Bundeswehr oder den Alliierten zusammengearbeitet haben, wird es nicht geben", sagte Beck.