Gauck erinnerte an die Zeit des Kalten Krieges, in der sich einige westeuropäische Länder mit der offenen Benennung von Menschenrechtsverletzungen schwer getan hätten, um den "Wandel durch Annäherung" mit den Ost-Ländern nicht zu gefährden. Der Umgang mit Menschenrechtsverletzungen sei nach wie vor kontrovers, sagte Gauck und fügte hinzu: "Das Argument, gute wirtschaftliche Zusammenarbeit würde Kompromisse bei Fragen der Menschenrechte erzwingen, vermag heute noch weniger zu überzeugen als damals."
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Gauck würdigte in seiner Rede die Rolle des Europarats. Diese älteste Institution auf europäischer Ebene werde weiterhin als kritisches Forum für Menschenrechte gebraucht, sagte er. Im Europarat sind 47 Staaten zusammengeschlossen. Zu den Abkommen, die im Europarat geschlossen wurden, zählt unter anderem die Europäische Menschenrechtskonvention.
Gauck sagte, er wisse besonders zu schätzen, dass es neben dem nationalen auch einen pan-europäischen Rechtsrahmen gibt. "So sinkt die Gefahr, dass Grundrechtsverletzungen unerkannt oder unbeachtet bleiben", sagte das Staatsoberhaupt. Er forderte dazu auf, die Umsetzung der Menschenrechte in Europa weiter im Blick zu behalten. "Rechte und Freiheiten auf dem Papier genügen nicht, sie müssen in der Praxis gewährleistet sein", sagte Gauck. Die Durchsetzung von Menschenrechten sei eine Daueraufgabe.