Schweizer Politologe sieht "Aufstand des Volkes gegen die Abzocker"

Schweizer Politologe sieht "Aufstand des Volkes gegen die Abzocker"
Das Ja der Schweizer zur Abzockerinitiative ist nach Ansicht des Politikwissenschaftlers Michael Hermann "ein Aufstand des Volkes gegen die Wahnsinnsgehälter einer angelsächsischen geprägten Wirtschaft". Hermann, Dozent an der Universität Zürich, sagt dazu: "Die Schweizer reagieren allergisch auf krasse Unterschiede bei der Entlohnung."
04.03.2013
epd
Jan Dirk Herbermann

In der Schweiz existiere eine Gesellschaft, die stark von der Mittelschicht geprägt sei. Wer versuche, sich über die anderen zu stellen, der müsse mit dem Zorn des Volkes rechnen. "Das ist in der Wirtschaft genauso wie in der Politik", erklärte der Wissenschaftler.

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Hermann erwartet, dass die Zustimmung zu der Abzockerinitiative auch in anderen Ländern Europas die Kritiker exzessiver Zahlungen an Topmanager ermutigen wird. "Die Botschaft der Schweizer an die anderen Europäer ist eindeutig. Große Parteien wie die deutsche SPD haben ja schon die Entscheidung der Schweizer begrüßt."
 
Der Politikwissenschaftler geht zudem davon aus, dass im Schweizer Parlament in Zukunft unternehmenskritische Politiker mehr Einfluss haben werden. "Politiker haben natürlich ein Gespür für den Willen des Volkes, man will auf der Gewinnerseite stehen." Ob allerdings die Initiative tatsachlich zu einer starken Kürzung der Gehälter für Topmanager führen werde, sei nicht klar. Die Aktionäre vieler großer Schweizer Unternehmen seien international geprägt. "Man wird sehen, ob und wie tief sie die Gehälter der Führungskräfte beschneiden", sagte Hermann.

Aktionäre wollen Einfluss auf die Gehälter der Manager

Am Sonntag hatten rund 68 Prozent der Schweizer die Initiative gutgeheißen. In der Vergangenheit hatten ausufernde Zahlungen an Manager Schweizer Firmen eine Welle der Entrüstung in der Bevölkerung ausgelöst. Das Begehren fordert im Kern, dass die Aktionäre von börsennotierten Firmen die Vergütungen für die Verwaltungsräte und die Geschäftsleitung genehmigen müssen.

Bislang bestimmen die Verwaltungsräte ihre eigenen Gehälter und die Saläre für die Geschäftsleitung. In Schweizer Aktiengesellschaften verfügt der Verwaltungsrat über die eigentliche Macht, er bündelt mehr Befugnisse als etwa der Aufsichtsrat in deutschen Aktiengesellschaften.

Zudem sollen laut Abzockerinitiative gewisse Einmalzahlungen an Manager, etwa beim Ausscheiden aus dem Unternehmen, verboten werden. Und die Initiative schreibt vor, dass Manager nur noch ein Jahr dem Verwaltungsrat angehören dürfen. Dadurch soll Verfilzung und Vetternwirtschaft vereitelt werden. Bei Verstößen gegen die Regeln drohen Haftstrafen.