Eigentlich hatte Käßmann den Film "Luther" aus dem Jahr 2003 mit Joseph Fiennes ausgewählt, um ihn zu präsentieren. Doch als die Ex-Bischöfin den Vorschlag dem Geschäftsführer der Deutschen Filmakademie, Alfred Holighaus, machte, tat dieser ihn als langweilig ab. Schließlich wisse fast jeder, dass für die evangelische Theologin Religion wichtig sei - im Beruf und auch privat.
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Bei der Veranstaltungsreihe geht es jedoch darum, dass Prominente einen Film vorstellen, der ihre persönliche Biografie besonders geprägt hat. So wählte die Botschafterin des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) für das Reformationsjubiläum 2017 schließlich "Der Schatz im Silbersee" aus, den Karl-May-Klassiker von 1962.
"Denn das war wirklich mein erster Kinofilm", sagte Käßmann sichtlich gut gelaunt vor Vorführungsbeginn dem epd. Sie sei damals sechs Jahre alt gewesen, als sie zusammen mit ihrer Cousine im hessischen Stadtallendorf zum ersten Mal vor der Kinoleinwand gesessen habe. Für sie und ihre Familie sei es zu dieser Zeit noch etwas ganz besonderes gewesen, für ein Vergnügen wie Kino Geld auszugeben. Alle elf Karl-May-Western sah sie später mit Begeisterung.
In "Winnetou 3" stirbt der Häuptling mit den Worten "Ich bin Christ"
Käßmanns Augen leuchten noch heute, wenn sie davon erzählt, wie es ihr damals nahe ging, dass die wahre Freundschaft zwischen dem letzten Häuptling der Apatschen und seinem Blutsbruder Old Shatterhand alle Gefahren überwinden konnte. Sicher, die Theologin weiß auch darum, dass die undifferenzierte Einteilung in den Karl-May-Geschichten in "Gut und Böse" realitätsfern und naiv ist. Zudem: "Die vielen Schießereien, dass mit Waffengewalt Konflikte gelöst werden, finde ich auch schrecklich."
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Doch Käßmann findet eben auch, dass Karl May ein Visionär gewesen ist, seine Fantasie unglaublich. "Er hat das Bild des Indianers geschaffen, der den Frieden liebt". In dem Film "Winnetou 3" stirbt der Häuptling mit den Worten auf den Lippen "Ich bin Christ". Hätte ich diesen Film ausgewählt, hätte ich doch den theologischen Schwerpunkt mit in den Filmabend hinein bringen können, scherzte die EKD-Beauftragte.
Doch "Der Schatz im Silbersee" war nun mal der Film, von dem die Theologin als kleines Mädchen so beeindruckt war: Von den Charakteren, den vielen Pferden und der Filmmusik. Das Titelthema, die "Old Shatterhand-Melodie", führte nach Kinofilmstart 17 Wochen lang die Charts in Deutschland an und wurde mehr als 100.000 Mal verkauft.
"Bitte kein Film über mein Leben"
Insgesamt war die deutsch-jugoslawisch-französische Koproduktion überaus erfolgreich, sie lockte schätzungsweise 17 Millionen Zuschauer vor die Leinwand. Die Regie führte Harald Reinl und Produzent war Horst Wendlandt. Er besetzte auch die Rolle des Winnetou mit einem damals relativ unbekannten französischen Schauspieler namens Pierre Brice. Für ihn sollte das die Rolle seines Lebens werde.
Winnetou, in edler Haltung und mit stolzem Blick, ist auf der Berliner Leinwand zu sehen. Die Original-Kinokopie aus dem Jahr 1962 lässt ein Bild erscheinen, das manchmal flackert und Schwarzblenden aufweist. "Kino als individuelle Erfahrung" ist das Motto der öffentlichen Veranstaltungsreihe. Margot Käßmann sitzt mitten im Saal. Die EKD-Beauftragte schaut sich sehr gerne Filme an, wie sie sagt: "Doch über mein Leben soll bitte kein Kinofilm gedreht werden."