Das Thema Ost-West sei immer noch nicht erledigt, sagte Thierse am Mittwoch im Deutschlandfunk: "Dafür wird es weitere Generationen brauchen." Viele der jungen Leute wüssten wenig über die DDR und die Schwierigkeiten, die der Umbruch in Ostdeutschland bedeutet habe. Der prominente ostdeutsche SPD-Politiker hatte am Dienstag seinen Rückzug aus der Politik für 2013 angekündigt.
"Wir sind noch nicht mit der politischen Aufgabe fertig", sagte Thierse in dem Interview. "Es gibt immer noch sichtbare Ost-West-Unterschiede, ökonomischer und sozialer Art, bei den Einkommensverhältnissen, bei den Renten, das Lebensgefühl ist unterschiedlich." Die deutsche Einheit sei eben noch immer nicht gänzlich vollendet. Darauf hinzuweisen werde künftig in seiner Partei Aufgabe jüngerer Politiker sein, die ihren Wahlkreis in Ostdeutschland oder einen DDR-Hintergrund haben.
Mit Thierses Ausscheiden verlässt einer der letzten ostdeutschen Sozialdemokraten, die seit 1990 im wiedervereinigten Deutschland eine prominente Rolle gespielt haben, die politische Bühne. Er habe sich gelegentlich schon als "der letzte Mohikaner" gefühlt, sagte Thierse. Mitstreiter wie Manfred Stolpe, Harald Ringstorff, Reinhard Höppner oder die verstorbene brandenburgische Sozialministerin Regine Hildebrandt seien schon lange nicht mehr dabei. Aber dies sei der Gang der Geschichte: "20 Jahre sind eben auch eine sehr lange Zeit."