Die Segregation werde vielmehr durch die elterliche Schulwahl verschärft. "Gerade Eltern der Mittelschicht wollen das Beste für ihr Kind, verschlechtern dadurch aber ungewollt die Bedingungen für die verbleibenden Kinder vor allem mit Migrationshintergrund", erklärte die Forschungsdirektorin beim Sachverständigenrat, Gunilla Fincke.
Obwohl die meisten Bundesländer den Erstklässlern die nächstgelegene Grundschule zuweisen, setzten in den Großstädten rund zehn Prozent der Eltern den Besuch einer anderen Einrichtung durch. Dabei seien 57 Prozent der Eltern mit türkischem Migrationshintergrund nicht über die Möglichkeit informiert, bei Vorliegen bestimmter Gründe eine andere Schule wählen zu können. Bei deutschen Eltern wüssten das 43 Prozent nicht, hieß es.
"Keine Pauschalurteile über Schulen mit einem hohen Anteil von Zuwandererkindern"
Forschungsdirektorin Fincke lehnte dennoch eine Abschaffung der Ausnahmeregelungen ab, da dies weitere unliebsame Effekte hätte: "Aus Sicht der Integration ist es definitiv nicht wünschenswert, den Anteil von Privatschulen weiter ansteigen zu lassen."
Fincke plädierte aber dafür, die Angst der Eltern vor einer schlechten Schule ernstzunehmen. Da die tatsächliche Qualität oft nicht in Erfahrung gebracht werden kann, nähmen viele Eltern den Zuwandereranteil als Indiz.
"Hier muss den Eltern mehr Information geboten werden", betonte die Forschungsdirektorin und lobte das Land Berlin für die künftig regelmäßige Veröffentlichung der Schulinspektionsberichte. "Eltern sollten keine Pauschalurteile über Schulen mit einem hohen Anteil von Zuwandererkindern fällen", unterstrich Fincke. Entscheidend seien die konkreten Lernbedingungen an einer Schule.
Der Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration geht auf eine Initiative der Stiftung Mercator und der VolkswagenStiftung zurück. Beteiligt sind auch die Bertelsmann Stiftung, Freudenberg Stiftung, Hertie-Stiftung, Körber-Stiftung, Vodafone Stiftung und die "Zeit"-Stiftung.