Eberhard Cherdron, seit 2008 im Ruhestand, kann in den nächsten Monaten über seine freie Zeit nicht mehr ganz so frei bestimmen wie bisher.
Eberhard Cherdron. Foto: epd-bild/Landeskirchenamt Pfalz
Dem ehemaligen Kirchenpräsidenten der Pfalz wurde von der rheinland-pfälzischen Landesregierung eine heikle Aufgabe angetragen: In dem Dauerkonflikt über den Ausbau der Bundesstraße 10 durch den Pfälzer Wald soll der Theologe zwischen Befürwortern und Gegnern des Projekts vermitteln.
Ein erstes Treffen von Kommunen, Wirtschaftsvertretern, Bürgerinitiativen und Umweltschützern aus der Region fand unter Leitung von Cherdron bereits statt. Offiziell startet das Verfahren Mitte September. Die eigentliche Vermittlung werde in nichtöffentlichen Runden erfolgen, sagt der frühere Kirchenpräsident. Denn die Konsenssuche sollte nicht durch Fensterreden behindert werden.
Geduld und Gottvertrauen
Was ein Mediator mitbringen muss, um verhärtete Fronten aufzubrechen, darüber ist sich der Seelsorger Cherdron sehr wohl im Klaren: zuhören können, eine gehörige Portion Geduld, Gelassenheit und ein gewisses Maß an Gottvertrauen, dass die Beteiligten für eine tragfähige Regelung zu gewinnen sind. "Ein freier Mensch zu sein, nur den eigenen Erfahrungen verpflichtet", unterstreicht der Theologe die Unabhängigkeit eines Schlichters.
Bis Februar soll das Verfahren zum Abschluss kommen. Dann kann sich der 68-Jährige, der in seiner Freizeit Blockflöte, Klavier und Gambe spielt, wieder intensiver seinem Buchprojekt zuwenden, einer Biografie über die Komponistin Luise Reichert.
Für Jürgen Schmude, ehemaliger SPD-Politiker und langjähriger Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland, ist es nicht überraschend, dass in verfahrenen Situationen Kirchenleute als Vermittler gerufen werden: "Christen und erst recht Geistliche haben die Aufgabe, Frieden zu stiften und zu stärken." Mit ihrer langjährigen Erfahrung, in Synoden und anderen Gremien den weitest möglichen Konsens zu suchen, seien Kirchenleute geübt und bestens geeignet, Konflikte gemeinwohlverträglich auszutragen, findet der 75-jährige Schmude, der im politischen Geschäft und in kirchlichen Gremien manchen Kompromiss anbahnte.
Hessischer Kirchenmann schlichtet Theater-Streit
So ist derzeit auch der frühere Kirchenpräsident in Hessen und Nassau als Schlichter gefragt. In dem seit Monaten andauernden Streit am Staatstheater Darmstadt übernahm Peter Steinacker auf Wunsch von Stadt und hessischer Landesregierung im Mai die Aufgabe eines Ombudsmannes.
Peter Steinacker. Foto: epd-bild/Norbert Neetz
Der Leitung des Darmstädter Theaters waren nach einer hausinternen Untersuchung gravierende Mängel vorgeworfen worden. Viele der 500 Mitarbeiter waren von dem Führungsstil verunsichert.
Nachdem er sich ein Bild von der Lage gemacht hat, will Steinacker, der 16 Jahre an der Spitze der hessen-nassauischen Landeskirche stand, nun das Gespräch mit den Mitarbeitern und der Leitung des Staatstheaters suchen. Unabhängigkeit und Unparteilichkeit sieht der evangelische Theologe als wichtige Voraussetzungen für diese Aufgabe.
Der 68-Jährige bringt Erfahrungen im Umgang mit zwischenmenschlichen und strukturellen Konflikten mit - trug er doch als Leitender Geistlicher auch Verantwortung für den Personalbereich mit rund 2.000 Pfarrern. Zudem ist Steinacker sehr kulturverbunden: So war er am Zustandekommen des "Aschermittwochs der Künstler" beteiligt, den die Landeskirche und das Staatstheater seit 15 Jahren organisieren. Mit dem Musiktheater verbinden ihn überdies seine theologischen Deutungen der Opern von Richard Wagner.
Auch Huber ist ein gefragter Schlichter
Auf Unternehmensebene ist der Berliner Altbischof Wolfgang Huber (69) als Schlichter aktiv: Seit Mai leitet der ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland ein arbeitsrechtliches Kontrollgremium bei den XXXL-Möbelhäusern in Deutschland. Das Gremium, dem drei Arbeitnehmervertreter, ein Arbeitsrechtler und ein Vertreter der Geschäftsleitung angehören, soll den korrekten und fairen Umgang des Unternehmens und seiner Führungskräfte mit den Mitarbeitern überprüfen.
Bereits 2011 war Huber als Vermittler angefragt, als der Deutsche Fußball-Bund ein Mediationsverfahren in der sogenannten Schiedsrichter-Affäre angestoßen hatte, das dann doch nicht zustande kam.