Deutschland muss noch mehr tun, wenn es ausländische Absolventen deutscher Universitäten als Arbeitskräfte gewinnen will. Das geht aus der Studie "Mobile Talente" hervor, die am Donnerstag in Berlin beim Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration vorgestellt wurde. Die Forschungsdirektorin des Sachverständigenrates, Gunilla Fincke, bilanzierte, Deutschland schöpfe die Potenziale der hoch qualifizierten Zuwanderer für die eigene Wirtschaft nicht aus.
Dabei sind die Voraussetzungen günstig: Zwei Drittel der Studenten würden nach dem Examen am liebsten im Gastland erste Berufserfahrungen sammeln. Von den Master-Studenten in Deutschland sind es sogar 80 Prozent. Doch nur 25 Prozent machen sich dann wirklich auf die Suche nach einer Stelle. Diese Kluft deute auf hohe Hürden hin, sagte Fincke. Obwohl Deutschland heute schon viel besser dastehe als vor zehn Jahren, gebe es einiges zu tun.
Zwischen sechs Monaten und zwei Jahre haben Hochschulabsolventen aus Nicht-EU-Ländern in Frankreich, Großbritannien, den Niederlanden und Deutschland Zeit, eine feste Arbeitsstelle zu finden. Die Bundesregierung will die Frist von derzeit einem auf anderthalb Jahre verlängern. Zudem sollen die jungen Ausländer während des Studiums und der Arbeitssuche in größerem Umfang jobben können als bisher. Ende kommender Woche will der Bundestag die Liberalisierung im Rahmen der Blue Card-Gesetzgebung für Elite-Fachkräfte beschließen.
Damit liege Deutschland im EU-Vergleich im oberen Mittelfeld, sagte Fincke. Nicht so gut sehe es in der Praxis aus. Den ausländischen Spezialisten steht der deutsche Arbeitsmarkt zwar offen und die Wirtschaftslage ist besser als fast überall. Doch arbeiteten Behörden, Arbeitsämter und Universitäten nicht gut zusammen, so die Studie. Den Absolventen fehlten Informationen. Häufig stellten sie erst am Ende eines weitgehend auf Englisch absolvierten Studiums fest, dass sie ohne Sprachkenntnisse auf dem deutschen Arbeitsmarkt keine Jobchancen haben.
Ein Drittel der in Deutschland studierenden Chinesen, Russen oder Polen glaubt, auf dem inländischen Arbeitsmarkt willkommen zu sein. Jeder Zweite hält seine Ausbildung und seine eigenen Chancen für gut. Ingenieure und Naturwissenschaftler liegen dabei vor Geistes- und Sozialwissenschaftlern. Ein Hemmschuh sind allerdings diskriminierende Erfahrungen, die vor allem Studenten aus muslimischen Ländern machen, mehr noch als ihre Studienkollegen aus afrikanischen Ländern. Hier schneidet Deutschland schlechter ab als andere Länder.
Für die Studie wurden rund 6.200 Studenten an 25 Universitäten in Deutschland, Großbritannien, Frankreich, den Niederlanden und Schweden befragt. In Deutschland studieren rund 140.000 junge Leute aus Nicht-EU-Ländern. Der Anteil aller ausländischen Studenten ist in den vergangenen zehn Jahren um 60 Prozent auf zehn Prozent der Studierenden gestiegen.