Drei Kronen zieren die Brust der schwedischen Eishockeynationalmannschaft. Sie stehen für die Königreiche Dänemark, Norwegen und Schweden, die von 1397 bis 1523 in der Kalmarer Union vereint waren. Kurz nach dem Ende der Union wurde die Reformation eingeführt - in Schweden durch Olavus und Laurentius Petri und in Dänemark-Norwegen durch Johannes Bugenhagen. Seit dieser Zeit gab es in allen drei Ländern evangelisch-lutherische Staatskirchen.
In Schweden wurde die Kirche zur Jahrtausendwende am 1. Januar 2000 selbstständig. Seitdem ist die Zahl ihrer Mitglieder um fast eine Million auf 6,5 Millionen und von 83 Prozent auf 68 Prozent der Bevölkerung gesunken. Es gibt zudem tiefe Gräben zwischen Konservativen und Liberalen innerhalb der Kirche.
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Die "Volkskirche" genannte dänische Staatskirche steht mit ihren über 80 Prozent Mitgliedern weiterhin auf relativ sicherem Grund. Die größte Veränderung der vergangenen Jahre war vielleicht die Unabhängigkeit der Kirche der autonomen Färöer-Inseln 2007.
Auch in Norwegen sind immer noch etwa vier Fünftel der Bevölkerung Mitglied der Staatskirche. Die organisierten Atheisten hingegen machen nur etwa 1,6 Prozent der Bevölkerung aus. Doch gerade sie, die sich gern als Sprachrohr aller Nichtchristen gerieren, kämpfen seit fast 40 Jahren in seltener Eintracht mit Kirchenfunktionären für eine Ende der Staatskirchenordnung.
Verbreitete Skepsis gegenüber der Verfassungsänderung
Die Kirchenfunktionäre wollen endlich Herren im eigenen Haus und nicht mehr Teil der Staatsverwaltung sein, während die Atheisten das Ende des christlichen Staates herbeisehnen. Viele Muslime wiederum, die durch Einwanderung einen immer größeren Teil der Bevölkerung ausmachen, ziehen einen christlichen Staat einem säkularen vor. Doch ein große Zahl der Politiker sind inzwischen davon überzeugt worden: Eine Staatskirche ist nicht mehr zeitgemäß und gehört abgeschafft.
Auch wenn manche Funktionäre es gern anders darstellen: Viele Norweger stehen diesem Vorhaben skeptisch gegenüber. Glaube oder Lebensanschauung wird als ein menschliches Grundbedürfnis angesehen, das der Staat sicherzustellen hat. Dies tut er durch seine Kirche als staatliches Religionswesen bis hin zur letzten Insel hoch im Norden des lang gestreckten Landes.
Die Kirche soll die Tradition bewahren. Für die meisten Norweger soll die Kirche da sein, wenn sie sie brauchen: zu Taufen, Beerdigungen, Konfirmationen, zur Wertevermittlung für die nächsten Generationen und als sicherer Hafen in Krisensituationen wie im Sommer 2011. Ansonsten soll sie ihren Alltag so wenig wie möglich stören.
Vorsichtige Demokratisierung der Kirche ...
Veränderungen in der Kirche stören dabei eher und wurden daher bisher immer vorsichtig und in kleinen Schritten hin zu mehr innerkirchlicher Autonomie vorgenommen. Die Kirche wurde demokratisiert: So bestimmen seit 1999 die regionalen Bistumsräte über die Besetzung der meisten Pfarrstellen und nur Bischöfe und Pröpste werden noch von der Regierung ernannt. Seit die Bistumsräte die Pfarrstellen besetzen, wagen sich aber auch immer weniger Pfarrer in den Norden und entlegenere Gebiete, denn die Bistumsräte bevorzugen ihnen bekannte Pfarrer aus ihrer Region.
Man kann sich also nicht mehr sicher sein, dass man eine Pfarrstelle in einem zentraleren Teil des Landes erhält, wenn man seinen Dienst in der Provinz abgeleistet hat. Die Pfarrer waren einst als die Staatsbeamten, die wirklich in allen Teilen des Landes präsent waren, das Rückgrat des norwegischen Staates. Doch inzwischen haben die Kirchgemeinderäte mehr und mehr Vollmachten erhalten. Die Pfarrer dürfen zwar weiter das Gesicht der Kirche sein, aber praktisch kaum noch etwas entscheiden.
Mancher wagt sich kaum noch, auf der Kanzel zu sagen, was er meint. Auch ist es gelungen, gleichzeitig eine große Liturgiereform, eine Reform des gesamten kirchlichen Unterrichts und die Arbeit an einem neuen Gesangbuch in Gang zu setzen. Viele engagierte Mitarbeiter und Räte brechen unter der Last dieser Vorhaben fast zusammen, auch wenn jedes von ihnen für sich als gut und richtig angesehen wird.
... aber Neuorganisation nur in Teilen
Trotzdem kam es unlängst auch noch zur bisher größten Änderung des norwegischen Grundgesetzes, dessen Verabschiedung am 17. Mai 1814 jedes Jahr am Nationalfeiertag gefeiert wird. Seit dem 21. Mai 2012 ist der evangelisch-lutherische Glaube nicht mehr Staatsreligion. Auch Pröpste werden von den Bistumsräten ernannt und die Bischöfe von einem zentralen Kirchenrat. Der König muss sich zwar weiter zum evangelisch-lutherischen Glauben bekennen, diesen aber nicht mehr ausüben und beschützen.
Die Bekenntnispflicht sollte eigentlich ebenfalls abgeschafft werden. Doch die Regierung des Königs und das königliche Kirchenministerium hatten vergessen, den König in einer ihn selbst betreffenden Angelegenheit zu fragen. So wagte der Monarch etwas Ungeheuerliches: Er widersprach seiner eigenen Regierung - die Bekenntnispflicht blieb.
Doch auch sonst bleibt noch einiges beim Alten: Die Kirche ist weiterhin keine eigene juristische Person, sondern Teil der Staatsverwaltung, wenn auch mit einem im Laufe der Jahre immer weiter reduzierten Aufgabenbereich. Die Pfarrer bleiben weiterhin Staatsangestellte und werden versuchen, den Glauben im ganzen Land zu verkündigen. Fakt ist aber: Der Pfarrernachwuchs bleibt aus, und die Bistumsräte rationalisieren bereits die ersten Pfarrstellen auf dem Land weg.
Nur die gebürtigen Norweger im Blick
Die Kirche wird also provinzieller, und ein wichtiges Problem wird man wohl auch weiterhin großzügig umschiffen: Die Norwegische Kirche ist vor allem eine Kirche für ethnische Norweger und immer weniger für die Bevölkerung Norwegens mit einem Einwandereranteil von inzwischen mehr als zehn Prozent. Elemente aus anderen Kulturen werden bei einem nationalen Traditionsträger eher als störend empfunden.
Auch die inzwischen mehr als 70 ausländischen Pfarrer der Norwegischen Kirche und die fast 50 % ausländischen Organisten findet man nicht in den Städten, wo die meisten Ausländer leben, sondern auf dem Land, wo kaum ein Norweger hin möchte. Auch in kirchlichen Räten und anderen Leitungsgremien sind sie praktisch nicht vertreten.
An all diesem ändern die Grundgesetzänderungen vom 21. Mai nichts. Statt "Staatskirche" gibt es nun eben eine "Staatskirche light". Keine Scheidung, sondern eher ein Ehevertrag.