Berlin (epd). Die Wehrbeauftragte des Bundestags, Eva Högl (SPD), hält eine Wiedereinführung der alten Wehrpflicht für nicht umsetzbar. „Das würde die Bundeswehr überfordern“, sagte Högl bei der Vorstellung ihres Jahresberichts am Dienstag in Berlin. Es gebe aktuell nicht genügend Stuben sowie Ausbilderinnen und Ausbilder. Es sei daher „keine gute Idee“, die 2011 ausgesetzte Wehrpflicht für junge Männer wieder einzuführen.
Wegen der angespannten Sicherheitslage und vor dem Hintergrund einer in den vergangenen Jahren geschrumpften und gealterten Bundeswehr wird inzwischen wieder über eine Reaktivierung der Wehrpflicht diskutiert. Ende 2024 gab es Högls Bericht zufolge 181.174 aktive Soldatinnen und Soldaten, gut 300 weniger als im Jahr zuvor. Bis 2031 soll die Zahl auf 203.000 anwachsen. Das Durchschnittsalter bei der Bundeswehr stieg Högl zufolge im vergangenen Jahr auf 34 Jahre.
Die Wehrbeauftragte wiederholte ihren Vorschlag, ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr für Frauen und Männer einzuführen, das bei den Streitkräften, aber auch in anderen gesellschaftlichen Bereichen absolviert werden könnte. Gleichzeitig lobte sie den vor der Bundestagswahl nicht mehr beschlossenen Vorschlag von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) für ein Wehrdienstmodell, das junge Männer dazu verpflichten soll, über ihre Bereitschaft für einen Dienst in der Bundeswehr Auskunft zu geben. Man müsse erst einmal bei der Erfassung weiterkommen, sagte Högl.
Es sei dann richtig, in einer Größenordnung von 5.000 neuen Rekrutinnen und Rekruten pro Jahr zu beginnen. Damit wäre gewährleistet, dass die jungen Männer eine gute Ausbildung bekommen, sagte sie.
Die Wehrbeauftragte ist Teil der parlamentarischen Kontrolle der deutschen Streitkräfte. Zudem achtet sie als „Anwältin der Soldatinnen und Soldaten“ auf die Wahrung von Grundrechten, die Rahmenbedingungen im Militär und die Einhaltung der sogenannten Inneren Führung, also auch das Eintreten für die freiheitlich-demokratische Grundordnung.
Die Zahl rechtsextremer Verdachtsfälle ist im vergangenen Jahr deutlich gestiegen. Es gab 275 sogenannte meldepflichtige Ereignisse im Bereich Extremismus, in der überwiegenden Zahl ging es demnach um Rechtsextremismus. Im Jahr zuvor waren es 204 Fälle. Die Bekämpfung von Extremismus in der Bundeswehr bleibe eine Daueraufgabe, sagte Högl.
Bei den Meldungen gehe es oft um „verbale Entgleisungen“ und „rechtsextreme Interessenbekundungen“ im und außer Dienst sowie in Messengerdiensten oder sozialen Netzwerken, heißt es im Bericht. Es fallen zudem Meldungen über einschlägige Tattoos, Kleidungsstücke, Lieder oder Mitgliedschaften in verfassungsfeindlichen Vereinigungen darunter. Der Bericht schildert beispielhaft Einzelfälle, etwa den eines Soldaten, der in Uniform den Hitlergruß zeigte.
Die Zahl der gemeldeten sexuellen Übergriffe ging dem Jahresbericht zufolge dagegen leicht zurück. In dem Bereich gab es demnach 376 meldepflichtige Ereignisse, 9 weniger als im Jahr zuvor.
Die Wehrbeauftragte wird vom Bundestag für fünf Jahre gewählt. Högls Amtszeit läuft im Mai aus. Ob sie im Amt bleibt oder dann jemand anders die Funktion ausüben wird, sei offen, sagte Högl.