Berlin (epd). Die Befreiung des NS-Vernichtungslagers Auschwitz durch die Rote Armee vor 80 Jahren war nach Einschätzung des Historikers Harald Schmid „ein maßgeblicher historischer Schritt auf dem Weg der Niederringung Nazi-Deutschlands“. Auschwitz sei „historisch der größte Ort und erinnerungskulturell das herausragende Symbol der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik“, sagte der Vorstand des Verbandes der Gedenkstätten in Deutschland dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Berlin: „Auschwitz ist Ort und Symbol des absoluten Tiefpunktes deutscher Geschichte.“ Das Lager stehe stellvertretend für den über ganz Europa verteilten Komplex der NS-Verfolgungs- und Vernichtungspolitik.
Zum 80. Jahrestag der Befreiung der überlebenden Häftlinge von Auschwitz am 27. Januar 1945 sind zahlreiche Gedenkveranstaltungen an vielen Orten geplant. Schmid sagte, für die Bildungsarbeit der Gedenkstätten seien jedoch auch andere Gedenktage relevant. Als Beispiele nannte der Mitarbeiter der Bürgerstiftung Schleswig-Holsteinische Gedenkstätten unter anderem die Novemberpogrome 1938 und den Beginn des Überfalls auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941. Zudem gebe es lokale und regionale Jahrestage, die sich oft auf die Einrichtung eines Lagers oder dessen Befreiung oder auf die Deportation der NS-Opfer richteten.
Kernprobleme der meisten Gedenkstätten sind Schmid zufolge eine „angemessene finanzielle und personelle Ausstattung zur Bewältigung der laufenden Aufgaben ebenso wie zur Reaktion auf aktuelle gesellschaftliche Herausforderungen“. Hinzu komme die Sicherung historischer Grundlagen und Dokumente und der Bausubstanz der Gedenkstätten. Auch müssten adäquate Antworten auf Herausforderungen wie etwa das „Verstummen der Zeitzeugen“ und den großen zeitlichen Abstand zur NS-Zeit gefunden werden, betonte er.
Ein weitverbreitetes Problem seien zudem zeitlich befristete Projektförderungen, sagte Schmid. Sie ermöglichten mit professionellem Personal innovative Angebote etwa für junge Menschen. Mit Auslaufen der Mittel müssten diese dann jedoch beendet werden. Ohne Anschlussförderungen seien solche Projekte nur temporäre Verbesserungen. Immer mehr Gedenkstätten erlebten auch Angriffe verschiedenster Art aus dem rechtsextremen Bereich.
Laut Verband gibt es in Deutschland mehr als 300 aktive Gedenkstätten, die systematisch öffentliche Aufklärungs- und Bildungsarbeit mit geschultem Personal betreiben. Die meisten lägen an dezentralen Orten, hieß es.