Scholz: Einsatz für Menschenwürde wichtig wie lange nicht

Scholz: Einsatz für Menschenwürde wichtig wie lange nicht
Am Montag jährt sich die Befreiung des NS-Konzentrationslagers Auschwitz zum 80. Mal. Bei einer Gedenkveranstaltung des Internationalen Auschwitz Komitees fordert Bundeskanzler Scholz Zivilcourage gegen heutige Diskriminierung.

Berlin (epd). Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat anlässlich des 80. Jahrestags der Befreiung des NS-Konzentrationslagers Auschwitz mehr Zivilcourage bei der versuchten Abwertung von Menschengruppen gefordert. Der Kampf um die Unverletzlichkeit der Würde jedes und jeder Einzelnen gehe weiter, sagte Scholz bei einer Gedenkveranstaltung des Internationalen Auschwitz Komitees am Donnerstag in Berlin. Er sei heute „so wichtig wie lange nicht“, sagte Scholz.

„Antisemitismus, überhaupt Anfeindungen aufgrund eines bestimmten Glaubens, politischer Überzeugungen oder der sexuellen Identität, offener Hass gegen Frauen, gegen Personen mit falschen Hauptfarben, mit dem falschen Namen, Angriffe gegen Menschen mit Behinderung - das alles nimmt zu“, sagte Scholz. 80 Jahre nach der Befreiung vom Nationalsozialismus sei es Verantwortung, „diesem Hass zu widerstehen“. Dazu seien „keine Heldentaten“ nötig. „Dafür reicht Zivilcourage“, sagte Scholz.

Das Internationale Auschwitz Komitee wurde 1952 von Überlebenden des Vernichtungslagers gegründet, um öffentlich über die Verbrechen der Nationalsozialisten in dem Lager zu informieren. Im Konzentrationslager Auschwitz wurden zwischen 1940 und 1945 1,1 Millionen Menschen ermordet. Das Lager wurde zum Symbol der nationalsozialistischen Judenverfolgung. Am 27. Januar 1945 wurden die letzten Gefangenen, die nicht auf die Todesmärsche getrieben wurden, von der sowjetischen Roten Armee befreit.

Bewusst legte das Auschwitz Komitee die Gedenkveranstaltung vor dem Jahrestag nach Berlin. Das weltweite Gedenken an die Ermordeten und die Überlebenden solle in jener Stadt eröffnet werden, „von der aus Auschwitz geplant und organisiert wurde“, erklärte das Komitee. Komitee-Präsident Marian Turski konnte aus gesundheitlichen Gründen nicht teilnehmen, übermittelte aber eine Rede für die Veranstaltung, die in der Landesvertretung Niedersachsens unweit des Holocaust-Mahnmals stattfand.

Darin bat Turski, der als 20-Jähriger den Todesmarsch von Auschwitz überlebte, um „Mitgefühl und Mitdenken“ als Konsequenz aus den Nazi-Verbrechen. „Denken sie nach darüber, wo und wie Auschwitz begann“, erklärte Turski: „Denken sie darüber nach, welchen Hass Antisemitismus immer wieder neu entfacht.“

Auch Scholz ging in seiner Rede auf jüngste antisemitische Übergriffe ein. „Wir nehmen Antisemitismus nicht hin“, sagte er. Dabei dürfe es keine Rolle spielen, „ob Antisemitismus politisch motiviert ist oder religiös, ob er von links kommt oder von rechts, ob er seit Jahrhunderten hier gewachsen ist oder von außen ins Land kommt“.

Unter den Gästen bei der Gedenkveranstaltung war neben Repräsentanten aus Politik und Gesellschaft wie Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Linke), Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) und der Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Kirsten Fehrs, auch die Schoah-Überlebende Margot Friedländer. Im polnischen Oswiecim gibt es am Montag die zentrale Gedenkveranstaltung, zu der Auschwitz-Überlebende erwartet werden. Als höchster deutscher Repräsentant reist Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier dorthin.