Köln (epd). Eine steigende Zahl von Kindern in Deutschland wächst einer Untersuchung des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in sogenannten bildungsfernen Milieus auf. Der Anteil der Minderjährigen mit Eltern ohne Berufsausbildung oder Universitätsabschluss ist zwischen 2011 und 2021 deutlich gestiegen: von 11,4 Prozent (1,49 Millionen Kinder) auf 17,6 Prozent (2,44 Millionen Kinder), wie das IW Köln am Dienstag mitteilte. Mehr als jedes 20. Kind gehört der Analyse von Mikrozensusdaten zufolge inzwischen der Gruppe mit Eltern ohne Schulabschluss an. Zunächst hatte das „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ über das Thema berichtet.
Insgesamt hatten im Jahr 2021 die Eltern von 765.000 Kindern keinen Schulabschluss. Allerdings ist die Lage laut IW regional unterschiedlich. Besonders hoch sind demnach die Anteile dieser Gruppe in Großstädten in Nordrhein-Westfalen. Eher niedrig fallen sie in den kleineren Kommunen mit weniger als 20.000 Einwohnern in den neuen Bundesländern und in Bayern aus.
Bei vielen dieser bildungsfernen Kinder bestehen der Erhebung zufolge noch andere Risikofaktoren für eine erfolgreiche Bildungslaufbahn wie Fremdsprachigkeit und Arbeitsmarktferne der Eltern. Im Jahr 2021 besuchten laut Mikrozensus nicht einmal jedes fünfte der bildungsfernen Kinder (17,1 Prozent) unter drei Jahren und knapp Dreiviertel (73,4 Prozent) der bildungsfernen Drei- bis Fünfjährigen eine Kita. Bei den nicht bildungsfernen Kinder in diesen beiden Altersgruppen besuchten hingegen knapp ein Drittel (29,6 Prozent) beziehungsweise fast neun von zehn Jungen und Mädchen (87,5 Prozent) eine Kita.
Wido Geis-Thöne, Autor der Studie, forderte mehr Unterstützung „im direkten Lebensumfeld“, insbesondere bei kleinen Kindern. Derzeit gehe nur ein geringer Teil der betroffenen Drei- bis Fünfjährigen in eine Kita. „Besonders groß sind die Handlungsbedarfe dabei in Einrichtungen, die von sehr vielen Kindern besucht werden. Daher sollten diese mit zusätzlichen finanziellen Ressourcen ausgestattet werden.“
Vergleichstests wie die Pisa-Studien wiesen zudem darauf hin, dass das Leistungsniveau der Schülerinnen und Schüler in Deutschland sinke und mehr von ihnen nicht über altersgemäß erwartbare Fähigkeiten verfügten, heißt es in der IW-Erhebung. Dies dürfte zur Folge haben, dass in Zukunft noch mehr junge Menschen ihren Bildungsweg nicht erfolgreich abschließen werden.
Mit Blick auf das Jahr 2023 verwies das IW Köln auf den gestiegenen Anteil der Niedrigqualifizierten bei den 25- bis 34-Jährigen. Mit 16,7 Prozent sei dieser fast vier Prozentpunkte höher gewesen als zehn Jahre zuvor. Dies lasse sich nicht allein auf Zuwanderung zurückführen. Auch bei im Inland geborenen Menschen sei der Anteil Niedrigqualifizierter gestiegen.