Doha, Berlin (epd). Nach dem Sturz des Assad-Regimes hat der Sondergesandte der UN, Geir Pedersen, einen friedlichen Neuanfang für Syrien gefordert. Das neue Syrien müsse von Versöhnung, Würde und der Einbeziehung aller Einwohnerinnen und Einwohner bestimmt sein, erklärte Pedersen am Sonntag in Doha, Katar. Auch Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) betonte am Sonntag in Berlin, dass die internationale Gemeinschaft jetzt gefragt sei, damit „Syrien aus dem Kreislauf von Krieg und Gewalt endlich herauskommt.“
Die Menschen in Syrien verdienten eine bessere Zukunft. Deswegen dürfe das Land jetzt nicht in die Hände anderer Radikaler fallen, sagte Baerbock. Dazu gehöre der umfassende Schutz von ethnischen und religiösen Minderheiten wie Kurden, Alawiten oder Christen und ein inklusiver politischer Prozess, der einen Ausgleich zwischen den Gruppen schafft. Die Bundesregierung sei dazu in intensiver Abstimmung mit der UN sowie regionalen Akteuren und Nachbarn Syriens wie Türkei und Jordanien, ergänzte sie.
Auch der UN-Sondergesandte Pedersen verlangte einen stabilen politischen Übergang, die staatlichen Institutionen müssten intakt bleiben. Syrien solle seine volle Souveränität, Unabhängigkeit und Integrität zurückerhalten, betonte der norwegische UN-Diplomat. Zuvor hatte Pedersen eine Wiederauflage der Syrien-Gespräche in Genf verlangt.
Pedersen und frühere UN-Sondergesandte hatten mehrmals vergeblich versucht, durch die Gespräche zwischen Vertretern des Assad-Regimes und Oppositionsgruppen einen politischen Neuanfang für Syrien zu erreichen.
Des Weiteren hofft auch Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) nach dem Ende des Assad-Regimes in Syrien auf einen geordneten Übergang. Heute sei ein Tag der vorsichtigen Hoffnung auf einen friedlichen Übergang, der allen Religionen und Ethnien gleiche Rechte sichere und der frei von Rachegedanken sei, sagte Schulze der „Rheinischen Post“ (Montag). Dabei müsse die territoriale Integrität gewahrt werden. Das syrische Volk habe viel zu viel Leid ertragen müssen.
Derweil teilte das Bundesinnenministerium mit, dass noch nicht absehbar sei, ob der Sturz des Assad-Regimes weitere Fluchtbewegungen Richtung Deutschland nach sich ziehen könnten. „Die Bundesregierung verfolgt die sich rasch verändernde Lage in Syrien genau“, sagte eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Sonntag, online, Montag, Print).
Eine Rebellenkoalition unter Führung der Miliz Haiat Tahrir al-Scham (HTS) nahm laut Medienberichten vom Sonntag die syrische Hauptstadt Damaskus ein. Der entmachtete Präsident Baschar al-Assad ist demzufolge außer Landes geflüchtet.
Haiat Tahrir al-Scham und andere Gruppen hatten Ende November ihre größte Offensive seit Jahren gegen Syriens Armee und deren Verbündete gestartet. Zahlreiche Zivilisten wurden verletzt und getötet. Hunderttausende Menschen mussten fliehen. Der Krieg in Syrien begann 2011 mit einem Volksaufstand gegen das Assad-Regime.