Hasbergen, Berlin (epd). Mindestens 170 Fußball- und Sportplätze in Deutschland und Österreich wurden laut einem Rechercheprojekt im Nationalsozialismus als Zwangsarbeitslager genutzt. Zwei niedersächsische Gedenkstätten haben zum Abschluss eines Projektes eine Website entwickelt, die diese bislang unbekannte Seite nationalsozialistischen Unrechts zeigt, wie Projektkoordinator Bastian Satthoff am Montag dem Evangelischen Pressedienst (epd) sagte. Zu den Sportstätten gehören unter anderem die Stadien des Hamburger SV, von Fortuna Düsseldorf und Eintracht Frankfurt.
Eine leicht verständliche Karte zeigt laut Satthoff alle Standorte, die bisher identifiziert wurden. Sie ermögliche die gezielte Suche nach Orten, in denen sich ein NS-Zwangsarbeitslager auf einem Fußballplatz befand. In abrufbaren Interviews erzählten ehemalige Zwangsarbeiter von ihren Erfahrungen. Die Verbindung mit dem Thema Fußball soll vor allem Fans einen Einstieg ins Thema Zwangsarbeit bieten. Auch Jugendgruppen oder Schulklassen sollen auf diese Weise einen neuen Zugang zur Geschichte der Verbrechen des Nationalsozialismus erhalten. Die Website der Gedenkstätten Gestapokeller und Augustaschacht in Osnabrück und Hasbergen enthalte auch interaktive Elemente.
Viele Sportplätze hätten im Zweiten Weltkrieg brach gelegen, weil etwa jüdische und Arbeiter-Vereine verboten wurden oder die Sportler als Soldaten im Einsatz waren, erläuterte der Projektkoordinator. Deshalb seien auf den Flächen häufig Baracken oder Zelte für Zwangsarbeiter errichtet worden. Sie hätten etwa in der Rüstungs- oder Nahrungsmittelindustrie, aber auch in der Verwaltung etwa von Post und Reichsbahn arbeiten müssen.
In den großen Fußball-Stadien seien die aus den Nachbarländern verschleppten Frauen und Männer unter den Tribünen in Wasch- und Umkleideräumen untergebracht worden. Auf einigen Flächen von Zwangsarbeiterlagern seien erst nach Ende des Krieges Fußballplätze gebaut worden. Die Forschenden haben für das im Januar 2023 begonnene Rechercheprojekt „Von einem Ort des Jubels zu einem Ort des Unrechts. Zwangsarbeitslager auf Fußball- und Sportplätzen“ laut Satthoff mit vielen Fangruppen und Geschichtsinteressierten vor Ort zusammengearbeitet.