Bundestag beschließt Resolution gegen Antisemitismus

Bundestag beschließt Resolution gegen Antisemitismus
Der Bundestag hat nach langen Verhandlungen eine Resolution zur Förderung jüdischen Lebens und zur Bekämpfung von Antisemitismus in Deutschland beschlossen. Bis zuletzt gab es Kritik.

Berlin (epd). Der Bundestag hat mit den Stimmen von Union, SPD, Grünen, FDP und der AfD eine Resolution gegen Antisemitismus beschlossen. Die am Donnerstag in Berlin verabschiedete Erklärung mit dem Titel „Nie wieder ist jetzt: Jüdisches Leben in Deutschland schützen, bewahren und stärken“ war von den Regierungsfraktionen und der Union gemeinsam eingebracht worden. Darin bezeichnet der Bundestag den Anstieg antisemitischer Einstellungen und Taten als „zutiefst beunruhigend“.

Die Entwicklung seit dem Terror-Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 sei sowohl auf einen zunehmend offenen und gewalttätigen Antisemitismus in rechtsextremistischen und islamistischen Milieus als auch auf einen vermehrt israelbezogenen und links-antiimperialistischen Antisemitismus zurückzuführen, heißt es in der Erklärung.

Bund, Länder und Kommunen werden aufgefordert sicherzustellen, „dass keine Projekte und Vorhaben mit antisemitischen Zielen und Inhalten gefördert werden“. Ebenso lehnen SPD, CDU/CSU, Grüne und FDP eine finanzielle Förderung für Organisationen und Projekte ab, die Antisemitismus verbreiten, das Existenzrecht Israels in Frage stellen oder die Boykottbewegung BDS gegen Israel unterstützen.

Der SPD-Abgeordnete Dirk Wiese sprach von einem „gemeinsamen Signal“, das fraktionsübergreifend mit der Resolution gesetzt werde. Es sei richtig, alles dafür zu tun, dass Menschen jüdischen Glaubens, hier in der Bundesrepublik Deutschland eine Heimat haben. „Sie gehören in unsere Mitte“, sagte Wiese.

Die Grünen-Abgeordnete Lamya Kaddor bezeichnete die Bekämpfung von Antisemitismus als „gesamtgesellschaftliche Aufgabe“. Sie kritisierte, dass die Prävention in der Resolution nicht ausreichend berücksichtigt wurde und forderte Sensibilisierungs- und Bildungskampagnen gegen Antisemitismus. „Diesen Kampf gewinnen wir nur, wenn wir alle Menschen mitnehmen - ob mit Zuwanderungsgeschichte oder nicht“, sagte die Grünen-Politikerin.

Gregor Gysi, Abgeordneter der Gruppe die Linke, betonte, dass die Kritik an der israelischen Politik und ihrer Regierung selbstverständlich erlaubt sein müsse. Das habe mit Antisemitismus nichts zu tun, wenn sich dahinter keine Ablehnung des Judentums verbirgt. „Die gegenwärtige deutlich rechts gerichtete Regierung unter Netanjahu ist leider nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems im Nahostkonflikt“, sagte Gysi. Die Gruppe die Linke und das Bündnis Sahra Wagenknecht hatten jeweils Änderungsanträge eingebracht, die beide keine Mehrheit fanden.

Kritikerinnen und Kritiker aus der Wissenschaft und dem Kulturbetrieb hatten vor wenigen Tagen einen alternativen Resolutionsentwurf in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ veröffentlicht. Darin fordern sie ein inklusives Modell des Schutzes von Minderheiten. Sie wenden sich in ihrem Papier gegen antisemitische und muslimfeindliche sowie rassistische, frauen- und queerfeindliche Entwicklungen. Außer prominenten Einzelpersonen unterstützten den Angaben zufolge Organisationen wie Amnesty International, medico international, Oxfam oder „Pax Christi“ den Vorschlag.

Anlass für die Resolution ist der bevorstehende Jahrestag der Reichspogromnacht von 1938. In der Nacht vom 9. auf den 10. November begann für alle sichtbar die Verfolgung und Ermordung der Juden in Deutschland und Europa. Eine Antisemitismus-Resolution war bereits im vorigen Jahr nach dem Hamas-Überfall geplant, kam aber nicht zustande.