Kassel (epd). Lehrkräfte an Volkshochschulen (VHS) können auch bei einer Vereinbarung über eine selbstständige Lehrtätigkeit sozialversicherungspflichtig beschäftigt sein. Es gebe keine gefestigte Rechtsprechung, nach der Dozenten an Volkshochschulen stets als selbstständig anzusehen seien, entschied das Bundessozialgericht in einem am Mittwoch in Kassel bekanntgegebenen Urteil vom Vortag. (AZ: B 12 BA 3/23 R) Für eine Sozialversicherungspflicht komme es vielmehr darauf an, in welchem Umfang die Dozentin oder der Dozent in die organisatorischen Abläufe der VHS eingebunden ist.
Im konkreten Fall ging es um einen Studenten, der als Dozent an einer VHS im Raum Hildesheim tätig war. Er gab für das Erlangen des Realschulabschlusses auf dem zweiten Bildungsweg Kurse in Recht und Politik. Die Lehrtätigkeit war als nicht sozialversicherungspflichtige, selbstständige Beschäftigung bestimmt worden. Laut den Vertragsbedingungen war ein Weisungsrecht der VHS gegenüber dem Dozenten ausgeschlossen. Die VHS stellte aber die Unterrichtsräume und stimmte die Unterrichtseinheiten mit der Lehrkraft ab. Der Dozent übermittelte zudem regelmäßig eine Leistungseinschätzung für die einzelnen Schüler an die Fachbereichsleitung.
Die Deutsche Rentenversicherung Bund stellte fest, dass die im Jahr 2017 und 2018 ausgeübte Lehrtätigkeit eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung sei. Die VHS berief sich auf eine Rechtsprechung des Bundessozialgerichts aus dem Jahr 2004, wonach lehrende Tätigkeiten grundsätzlich als selbstständige Tätigkeiten anzusehen seien.
Das Bundessozialgericht urteilte nun, dass die Rentenversicherung zu Recht von einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung des Dozenten ausgegangen sei. Nur weil jemand eine Tätigkeit als Dozent an einer VHS ausübe, könne nicht stets von einer sozialversicherungsfreien selbstständigen Beschäftigung ausgegangen werden. Es komme vielmehr auf den Einzelfall an und wie der Dozent in die organisatorischen Abläufe der VHS eingegliedert sei. Daher könne sich die Volkshochschule auch nicht darauf berufen, dass eine frühere Rechtsprechung weiter gelte. Unerheblich für die Sozialversicherungspflicht sei es, dass vertraglich eine selbstständige Tätigkeit vereinbart wurde.